Die Moderhinke ist eine Krankheit bei Schafen, die mit Leiden für die Tiere und wirtschaftlichen Verlusten für die Tierhalter einhergeht. Wenn du Schafe hältst, solltest du genau wissen, welche Ursachen und Symptome die Moderhinke hat. Außerdem ist es wichtig, dass du vorbeugende und therapeutische Maßnahmen bei dieser auch als Schafpanaritium oder Klauenfäule bezeichneten Erkrankung des kleinen Wiederkäuers kennst.
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Inhaltsverzeichnis
Was ist die Moderhinke bei Schafen?
Moderhinke ist eine infektiöse Klauenspaltentzündung bei Schafen aller Rassen. Sie kommt weltweit vor und ist ansteckend und schmerzhaft für die Tiere. Die Moderhinke gilt als häufigste Ursache für Lahmheiten bei dem kleinen Wiederkäuer und führt zu hohen wirtschaftlichen Schäden für den Tierhalter.
Zu den wirtschaftlichen Verlusten zählen:
- Weniger Mastleistung
- Verminderte Wollproduktion
- Erhöhte Arbeitslast
- Kosten für die Behandlung und Sanierung
Woher kommt der Name Moderhinke?
Der Ausdruck Moderhinke ist ein seltsamer und hässlicher Name für eine Tierkrankheit. Bei der Moderhinke entzünden sich die Klauen der kleinen Wiederkäuer. Sie eitern und bekommen einen gräulich-weißen Belag. Ist ein Tier an Klauenfäule erkrankt, beginnen seine Klauen unangenehm säuerlich-verfault zu riechen. Außerdem lahmen oder hinken kranke Tiere stark. Hierdurch leitet sich der Name der Krankheit ab (modern = übel riechen, hinken = ungleichmäßig laufen).
Moderhinke Ursachen: Warum kommt es zu Moderhinke?
Bei mangelnder Klauenpflege bei Schafen und dem Halten auf feuchten Böden entstehen Verletzungen der obersten Hautschichten der Klaue. Dadurch können die Bakterien Fusobacterium necrophorum und Dichelobacter nodosus eindringen und die Entzündungen hervorrufen. Das Bakterium Dichelobacter nodosus gilt als Primärerreger der Moderhinke. Es vermehrt sich unter Luftabschluss.
Die Schafe stecken sich mit den Erregern an über:
- Kontakt zu infizierten Tieren
- Kontaminierte Weiden und Triebwege
- Verunreinigte Ställe
- Kontaminierte Transportfahrzeuge
Moderhinke Symptome/Diagnose: Wie erkenne ich Moderhinke bei meinen Schafen?
Die Diagnose Moderhinke stellen der Tierarzt und du als Tierhalter insbesondere über die klinische Symptomatik. Der Nachweis der Bakterien im Labor ist sehr schwierig, da sie sehr anspruchsvoll wachsen. Mittlerweile kann mittels PCR (polymerase chain reaction) der Erreger Dichelobacter nodosus aufgezeigt werden.
Mögliche klinische Symptome der Klauenfäule sind:
- Ungleichmäßiger Gang, Lahmen
- Roter, entzündeter Zwischenklauenspalt
- Schmierige, gräuliche Beläge
- Süßlich, modriger Geruch
- Knien auf Vorderfußwurzelgelenken
- Gewichtsverlust
- Leistungsabfall
- Ablösen des Klauenhorns
- Ausschuhen
Als Schäfer solltest du dementsprechend unbedingt auf die Klauen deiner wolligen Freunde achten. Wenn ein Tier unregelmäßig geht und anfängt zu lahmen, musst du dir seine Klauen näher ansehen. Ist der Zwischenklauenspalt rot und entzündet, kann dies ein erster Hinweis auf die häufige Krankheit sein. Gräuliche und schmierige Beläge bilden sich. Die Klauen beginnen süßlich und modrig zu riechen. Das Klauenhorn kann sich komplett ablösen – man spricht vom Ausschuhen.
Ein Zeichen für die Erkrankung ist außerdem das Knien der kleinen Wiederkäuer auf ihren Vorderfußwurzelgelenken. Wenn ein Schaf kniet, ruht es sich nicht einfach aus. Häufiges Knien ist ein eindeutiges Indiz dafür, dass dein Tier seine Klauen vor lauter Schmerzen beim Stehen entlastet.
Moderhinke-Score 0 bis 5:
Die Symptome der Moderhinke kann man über ein standardisiertes Bewertungsverfahren ausdrücken:
- SCORE 0: Die Klaue ist gesund. Der Zwischenklauenspalt ist trocken.
- SCORE 1: Der Zwischenklauenspalt ist feucht, gerötet und zeigt Haarausfall.
- SCORE 2: Die Entzündung im Zwischenklauenspalt ist ausgebreitet und man sieht einen schmierigen Belag. Das Horn am Rand der inneren Klauenwand ist leicht geschädigt.
- SCORE 3: Der Zwischenklauenspalt weist deutlich schmierige Beläge und verändertes Gewebe unterhalb der inneren Klauenwand und des Sohlenhorns auf.
- SCORE 4: Das Horn löst sich weit über die Sohle bis zur äußeren Wand der Klaue. Das darunter liegende Gewebe ist geschädigt.
- SCORE 5: Das Klauenhorn löst sich vollständig von der Klaue („Ausschuhen“).
Welche Verlaufsformen der Moderhinke gibt es?
Die Verlaufsform der Moderhinke ist abhängig von verschiedenen Virulenzfaktoren des Bakteriums Dichelobacter nodosus, wobei zum Beispiel verschiedene Proteasen eine Rolle spielen. Proteasen sind Enzyme, die unter anderem Proteine (Eiweiße) spalten können.
Man unterscheidet folgende Verlaufsformen der Moderhinke:
- Gutartige oder benigne Form:
Bei der milden Verlaufsform kommt es zu einer Dermatitis im Zwischenzehenspalt. Die Tiere lahmen leicht und ihre Leistung geht etwas zurück. Meist heilt die Entzündung spontan aus. Die Vierbeiner, die subklinisch erkrankt oder infiziert sind, stellen jedoch eine Gefahr für die Herde dar, weil sie den Erreger verteilen. - Schwere virulente Form:
Bei der bösartigen Verlaufsform lösen sich Hornzellen auf und ab, wodurch sich schließlich die Lederhaut löst. Der Prozess schreitet allmählich bis zum Ausschuhen der Klauen fort. Die betroffenen Tiere zeigen deutlich weniger Leistung und der Schäfer ist wirtschaftlich stark getroffen.
Es wird auch eine Zwischenform beschrieben, die sich jedoch nicht eindeutig von der schweren virulenten Form unterscheidet.
Bei einer PCR Diagnostik kann man feststellen, ob die benigne oder die virulente Form des Erregers vorliegt.
Moderhinke – auch ein tierschutzrelevantes Problem!
Nach § 1 Tierschutzgesetz darf niemand seinem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen. Du musst also auch aus tierschutzrechtlicher Sicht dafür sorgen, dass es deinen Tieren schnell wieder gut geht, wenn sie an Moderhinke erkrankt sind.
Bei welchen Tieren kommt die Moderhinke noch vor?
Auch Wildwiederkäuer wie Mufflons und Steinböcke können unter der Klauenkrankheit leiden. Selten bekommen Ziegen Moderhinke und noch seltener erkranken Schweine und Rinder.
Welche Krankheiten beim Schaf zeigen ähnliche Symptome wie die Moderhinke?
Wenn du deine Tiere dem Tierarzt vorstellst, wird er folgende Krankheiten differentialdiagnostisch ausschließen:
- Lahmheiten durch Verletzungen
- Maul- und Klauenseuche
- Fußform des Lippengrinds
- Blauzungenkrankheit
Moderhinke behandeln: Was hilft gegen die Moderhinke bei Schafen?
Die Moderhinke ist in der Regel keine Einzeltiererkrankung, sondern ein Bestandsproblem. Sie zu bekämpfen ist schwierig und langwierig.
Wenn die Klauenfäule in deinem Bestand ausgebrochen ist, solltest du deinen Tierarzt oder den Tiergesundheitsdienst deines Bundeslandes hinzuziehen. Die gesamte Herde sollte innerhalb kurzer Zeit untersucht werden und nach Absprache mit dem Tierarzt solltest du folgende Maßnahmen einleiten:
- Trennung gesunder Schafe von kranken Tieren:
Als erstes separierst du die gesunden von den kranken Vierbeinern. - Vorgehen gesunde Schafe:
Die gesunden Tiere bekommen einen Pflegeschnitt ihres Klauenhorns und laufen ausreichend lang durch eine Klauenwanne für Schafe mit einem desinfizierenden Klauenbad.
=> Frage deinen Tierarzt nach einem zugelassenen Mittel für die Klauendesinfektion!
Nachdem die Klauen auf einem befestigten Platz vollständig getrocknet sind, kommen die Tiere am besten auf eine neue Weide. - Vorgehen kranke Schafe:
Die kranken Klauen erhalten auch einen Pflegeschnitt. Die betroffenen Vierbeiner laufen jedoch nicht durch das Klauenbad, sondern werden systemisch (den gesamten Organismus betreffend) oder lokal mit einem vom Tierarzt verschriebenen Antibiotikum versorgt und erstmal auf trockenen Untergrund in den Schafstall gestellt. Die Klauen sind regelmäßig zu kontrollieren und vorsichtig auszuschneiden. - Stall reinigen:
Du musst den Stall und Transportfahrzeuge sorgfältig reinigen, damit sich die Tiere nicht wieder mit den Erregern infizieren.
Wichtige Hinweise für das Gelingen der Maßnahmen:
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Es ist entscheidend, dass du Maßnahmen bei der ganzen Herde durchführst – also auch bei den gesunden Tieren. Manche betroffenen Vierbeiner tragen die Bakterien jahrelang ohne Symptome in den Klauen und infizieren andere Tiere.
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Die wichtigste Maßnahme in der Therapie stellt beim Klauenschnitt das Entfernen des veränderten Klauenhorns bis zum gesunden Gewebe dar.
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Entferne die abgeschnittenen Hornteile gründlich, da diese eine Infektionsquelle für die anderen Tiere darstellen.
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Desinfiziere verwendete Instrumente wie Klauenmesser und Klauenscheren sowie den Arbeitsplatz, damit die Erreger nicht weitergegeben werden.
=> Bei allen notwendigen Maßnahmen musst du konsequent vorgehen, da die Krankheit sehr ansteckend ist und Reinfektionen leicht möglich sind.
Was musst du bei der Bestandssanierung insbesondere beachten?
Wenn du deinen Bestand sanierst, musst du die Klauen deiner Vierbeiner in den Wochen und Monaten nach den ersten oben beschriebenen Maßnahmen genau beobachten. Jedes Tier, das beginnt zu hinken, musst du sorgfältig anschauen und ggf. erneut behandeln. Nur auf diese Weise kannst du vermeiden, dass die Moderhinke wieder ausbricht.
Projekt MORes – Nachhaltige Bekämpfung der Moderhinke bei Schafen
In Deutschland koordiniert das Institut für Tierzucht und Vererbungsforschung der Tierärztlichen Hochschule Hannover ein Projekt, das sich MORes nennt. Es soll helfen, die Moderhinke nachhaltig zu bekämpfen.
Mittel des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) fördern das Vorhaben. Projektträger ist die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE). Außerdem unterstützen u. a. Landesschafzuchtverbände, Schafgesundheitsdienste und praktizierende Tierärzte das Projekt.
An dem Vorhaben nehmen Betriebe in ganz Deutschland teil. Vor Ort werden bei den einzelnen Tieren der teilnehmenden Bestände unter anderem Rasse, Alter, Geschlecht und Moderhinke-Score erfasst. Das Untersucher-Team entnimmt Tupferproben von den Klauen der Tiere. Dafür drehen die Projekt-Mitarbeiter die einzelnen kleinen Wiederkäuer mit Hilfe eines Klauenpflegestands für Schafe oder manuell um, damit sie alle vier Klauen beurteilen und beproben können. Außerdem wird eine Blutprobe aus der Vena jugularis am Hals entnommen. Im Labor untersucht man auf Erreger-DNA.
Ziele des Projekt MORes sind:
- Nachhaltiges Reduzieren von Klauenfäule
- Feststellen der Ursachen für Resistenz und Toleranz der Tiere gegenüber der Krankheit
- Molekulargenetisches Erkennen der verschiedenen Erregerstämme
- Prävalenz (Kennzahl für Krankheitshäufigkeit) des Moderhinke-Erregers in deutschen Schafherden
- Erarbeitung eines Zuchtprogramms für die Resistenz von Moderhinke
Weitere Informationen zu dem Vorhaben, Moderhinke nachhaltig zu bekämpfen, erhältst du auf den Internetseiten des BLE zu MORes.
Moderhinke Prophylaxe: Wie kann ich Moderhinke vermeiden?
Es gibt verschiedene Vorgehensweisen, um die Moderhinke prophylaktisch zu bekämpfen:
- Klauenschnitt und geeignete Böden:
Bei weichen Böden kann es nötig sein, dass du die Klauen deiner Tiere bis zu viermal im Jahr zurückschneidest. Ist der Boden härter, reicht gewöhnlich zweimal im Jahr. Du sorgst gut vor, wenn du geeignete Böden für das Halten von Schafen wählst und die Klauenpflege konsequent und regelmäßig durchführst. - Zucht:
In der Zucht gibt es die Möglichkeit, streng nach der Klauengesundheit der Elterntiere zu selektieren. - Impfstoffe:
Es gibt Impfstoffe gegen die Erreger der Moderhinke. Es werden sogar bestandsspezifische Vakzine eingesetzt.
Fazit zur Moderhinke
Die Moderhinke ist der häufigste Grund für Lahmheit bei Schafen und führt zu erheblichen wirtschaftlichen Verlusten. Diagnostiziert wird sie in der Regel über ihre typischen Symptome: Probleme mit den Klauen, vom Lahmen bis zum „Ausschuhen“. Als Primärerreger gilt das Bakterium Dichelobacter nodosus.
Ist ein Tier an Moderhinke erkrankt, sollten alle Vierbeiner des Bestands untersucht und behandelt werden. Regelmäßige Klauenpflege und konsequente Maßnahmen bei der Behandlung und Sanierung des Tierbestands können die Moderhinke erfolgreich aus der Herde verbannen.
Quellenangaben:
thieme-connect.de/products/ejournals/html/10.1055/s-0043-116456
derhoftierarzt.de/2019/07/moderhinke-wenn-das-schaf-nicht-mehr-laufen-kann/
tgd-bayern.de/webyep-system/programm/download.php?FILENAME=9783-9-1-at-Dokument.pdf
laborparadocs.de/moderhinke-beim-schaf
Enke Verlag | veterinär SPIEGEL 2017; 3: 114–118 Greber D. Moderhinke beim Schaf – neue Ansätze zur Sanierung
Moderhinke. In: Selbitz H, Truyen U, Valentin-Weigand P, Hrsg. Tiermedizinische Mikrobiologie, Infektions- und Seuchenlehre. 10., aktualisierte Auflage. Stuttgart: Enke Verlag; 2015
Moderhinke (Dermatitis Contagiosa Interdigitalis, DCI). In: Buer H, Palzer A, Hrsg. NutztierSkills. 2., vollständig aktualisierte und erweiterte Auflage. Stuttgart: Schattauer GmbH; 2016
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