Die kleinste Schafrasse Europas ist das Ouessantschaf, auch bretonisches Zwergschaf genannt. Diese Zwergschafe aus Frankreich werden auch unter Hobbyhaltern immer beliebter, da sie robust und klein sind und deswegen keine großen Ansprüche an die Haltung stellen.
Erfahre in unserem Ratgeber mehr über diese liebenswerten Zwergschafe.
Inhaltsverzeichnis
Herkunft: Wo kommt das Ouessantschaf her?
Die Zwergschafe stammen von der französischen Insel Ouessant, die westlich der bretonischen Küste im Atlantik liegt. Dort wurden über viele Jahrhunderte Schafe als Nutztiere gehalten. Das raue Klima auf der nur knapp 16 Quadratkilometer großen Insel, die karge Vegetation und die ganzjährige Haltung im Freien führten vermutlich dazu, dass sich die Tiere besonders anpassten.
Die Ouessantenschafe wurden extrem anspruchslos und im Verhältnis zu anderen Schafrassen auf dem Festland immer kleiner. Als weiteren Grund für ihre geringe Größe sehen Fachleute die Tatsache, dass groß gewachsene Tiere früh geschlachtet und nicht zum Decken eingesetzt wurden.
In der Mitte des 19. Jahrhunderts soll es noch etwa 6.000 Ouessantenschafe auf der kleinen Insel gegeben haben. Im Zuge der Industrialisierung schrumpfte ihr Bestand auf so wenige Exemplare, dass die Rasse beinahe in Vergessenheit geraten wäre.
Dank gezielter Erhaltungsmaßnahmen in den 1970er Jahren konnte sich die liebenswerte Zwergschaf-Rasse erholen und verbreitet sich seitdem – zum Beispiel in der Landschaftspflege, in Tierparks oder als Haustier und ökologischer „Rasenmäher“ bei Privathaltern.
Rassemerkmale der bretonischen Zwergschafe
Wie sieht das Ouessantschaf aus?
- Das Zwergschaf hat einen fast rechteckigen Körperbau (von oben betrachtet) mit vergleichsweise langen, schlanken Beinen.
- Der Kopf ist zierlich und bis zur Stirn bewollt. Beim Bock ist der Kopf leicht geramst.
- Der kurze Schwanz ist ebenfalls wollig und endet oberhalb des Sprunggelenkes.
- Das Vlies ist mischwollig mit sehr dichter, feiner Unterwolle. Bei den Böcken bildet sich häufig eine „Krawatte“ aus längeren Grannenhaaren an Unterhals, Nacken und den Vorderbeinen.
- Die kurzen Ohren sind etwas aufgerichtet.
- Die Oberlinie ist gerade und das Becken groß.
- Das weibliche Zwergschaf ist meist hornlos ist oder trägt nur einen kleinen, nicht verknöcherten Hornansatz. Dagegen entwickeln die Böcke kräftige, einmal gedrehte Hornschnecken ähnlich denen eines Mufflons.
Bretonische Zwergschafe Bilder:
Welche Farbe haben Ouessantschafe?
Ursprünglich waren die Ouessantschafe schwarz. Die meisten Ouessantschafe sind immer noch schwarz (über 70 % aller Tiere). Aber auch graue, weiße, braune oder schimmelfarbige Tiere sind für die Rasse erlaubt.
Wie groß und wie schwer sind die bretonischen Zwergschafe?
- Böcke:
Die ausgewachsenen Böcke sollen eine maximale Schulterhöhe von 49 Zentimetern bei einem Gewicht von 15 bis 20 Kilogramm haben. - Weibliche Schafe (Auen):
Die Muttertiere sind mit maximal 46 Zentimetern und 13 bis 16 Kilogramm deutlich kleiner. - Lämmer:
Das Geburtsgewicht der Lämmer liegt bei nur ein bis zwei Kilogramm.
Welche Besonderheiten gibt es beim bretonischen Zwergschaf?
- Bei einigen Tieren dieser Rasse bilden sich sogenannte „Glöckchen“. Glöckchen sind kleine Hautfortsätze an der Unterseite des Halses, wie man sie sonst bei Ziegen sieht. Bei der Schur musst du auf sie achten. Ein abgeschnittenes Glöckchen wächst nicht wieder nach.
- Die Wolle enthält viel Lanolin. Das macht sich bei der Schur durch schnell verstopfte Schermaschinen bemerkbar.
Haltung: Wie hält man Ouessantschafe?
Schafe sind Bewegungstiere und benötigen viel Platz. Das Zwergschaf ist allerdings im Vergleich zu anderen Schafrassen mit einem deutlich geringeren Platzangebot zufrieden. Als Herdentiere freuen sie sich über Artgenossen. Als grober Richtwert dient eine Weidefläche von 1.000 Quadratmetern für das Halten von wenigstens drei Zwergschafen. Entscheidend für die Größe ist dabei allerdings auch die Qualität des Futters, das auf dieser Fläche vorhanden ist.
Du kannst eine Umtriebweide einrichten. Mit einer Umtriebweide stellst du den Tieren in regelmäßigen Abständen einen frischen Bereich der Weide zur Verfügung. Da Schafe sehr selektive Fresser sind und sich zuerst auf die leckeren, saftigen Gräser konzentrieren, wird ansonsten viel Futter auf einer zu großen Weide zertrampelt. Auch kannst du mit eine Umtriebweide die Belastung mit Endoparasiten niedrig halten. Die ausgeschiedenen Larven sterben auf der abgegrasten Fläche durch Sonneneinstrahlung und Wärme ab, bevor die Schafe erneut auf diesem Teilstück grasen.
Die Einfriedung der Weidefläche musst du den örtlichen Gegebenheiten anpassen. Zwar reicht eine Zaunhöhe von 80 bis 100 Zentimetern aus, damit das Zwergschaf nicht hinüberkommt, aber um mögliche Fressfeinde (Fuchs, Hund oder gar Wolf) abzuwehren, solltest du den Zaun entsprechend höher gestalten. Auch mobile Elektro-Schafnetze kommen in Frage. Da die Lämmer sehr klein und schlank sind, musst du vor allem in Bodennähe auf ein engmaschiges Zaungeflecht mit einer maximalen Maschenweite von 10 Zentimetern achten.
Als Witterungsschutz reicht den robusten Ouessantschafen ein einfacher Unterstand, der dreiseitig geschlossen ist. Er schützt gegen Regen und vor starker Sonneneinstrahlung. Ein fester Stall ist in der Regel nicht nötig, da die Tiere auch einen mitteleuropäischen Winter in Offenstallhaltung gut überstehen. Kommt es allerdings zu massiven Schneefällen, musst du eine andere Lösung finden, um das Zwergschaf mit seiner geringen Körpergröße nicht zu gefährden.
Böcke und Mutterschafe kannst du ganzjährig zusammenhalten, da bei dieser Rasse eine streng saisonale Brunst von Oktober bis Anfang Januar stattfindet. Mit etwa sieben bis acht Monaten sind die weiblichen Tiere geschlechtsreif und können erstmalig belegt werden. Zwischen März und Mai kommen die Lämmer zur Welt. Fast immer werden Einzellämmer geboren, Zwillingsgeburten sind die Ausnahme und werden züchterisch nicht angestrebt.
Kann man bretonische Zwergschafe im Garten halten?
Wenn du Schafe im Garten halten möchtest, brauchst du auf jeden Fall ein großes Grundstück – wie oben bereits erwähnt: für drei Zwergschafe mindestens 1.000 Quadratmeter. An sich sind die Zwergschafe anspruchslos und pflegeleicht. Du musst jedoch beim Halten der Tiere wie bei jeder anderen Tierhaltung die Grundsätze des Tierschutzgesetzes beachten. Das bedeutet unter anderem, dass du sie ihrer Art und ihren Bedürfnissen entsprechend ernähren, pflegen und unterbringen musst. Das heißt, du musst unter anderem dafür sorgen, dass die Tiere passende Nahrung, immer frisches Wasser und einen Witterungsschutz haben. Als Halter musst du entsprechende Sachkenntnis besitzen.
Außerdem musst du deinen Garten für die Ouessantschafe vorbereiten:
- Giftige Pflanzen musst du entfernen.
- Mit einem Zaun stellst du sicher, dass die Tiere nicht weglaufen und vor Fressfeinden geschützt sind.
- Mit einem Verbissschutz an Bäumen sorgst du dafür, dass sie die Rinde der Bäume im Garten nicht anfressen.
Fütterung: Was fressen die bretonischen Zwergschafe?
Die wichtigste Nahrungsquelle für das Zwergschaf, das zu den Wiederkäuern gehört, ist frisches Grünfutter wie Gräser und Kräuter. Aber auch kargeres Futter liefert für das besondere Verdauungssystem des Tieres noch gute Nährstoffe.
Heufütterung
Je nach vorhandener Weidefläche kann oder muss ganzjährig Heu zugefüttert werden. Sehr junges, stark eiweißhaltiges Gras im Frühling kann zu Verdauungsproblemen führen. Daher solltest du die Tiere nach einem schneereichen Winter oder einer Stallhaltung mit Trockenfutter erst langsam an frisches Gras gewöhnen. Laub und Zweige von ungiftigen und ungespritzten Gehölzen werden ebenfalls sehr gerne gefressen.
Im Winter besteht die Fütterung für das Zwergschaf vor allem aus hochwertigem Heu, das bestenfalls im Sommer auf den eigenen Weiden geerntet werden konnte. Wenn du die Schaf-Heuraufen in Kopfhöhe anbringst, verhinderst du, dass das Futter mit Kot, Urin oder Schlamm verunreinigt wird.
Frischfutter und Kraftfutter
Auch Frischfutter wie Rüben oder Wurzelfrüchte nimmt das Zwergschaf gerne zu sich. Spezielles Kraftfutter in Form von Getreide, Mais oder als pelletiertes Trockenfutter benötigen die robusten Ouessantschafe in der Regel nicht. Im Gegenteil: Solches Futter kann langfristig zu Verdauungsproblemen führen.
Salzlecksteine
Sehr wichtig für die Gesundheit des Zwergschafs ist eine ausreichende Versorgung mit Mineralstoffen und Spurenelementen. Spezielle Salzlecksteine oder -schalen für Schafe sollten daher zum ständigen Angebot auf der Weide oder im Stall gehören.
BEACHTE: Mineralstoffmischungen für andere Tierarten wie etwa Pferde enthalten einen hohen Gehalt an Kupfer, das für Schafe giftig ist. Darauf musst du zum Beispiel besonders achten, wenn du Schafe mit anderen Weidetieren zusammenhältst.
Wasserbedarf
Der Wasserbedarf richtet sich bei extensiv im Freiland gehaltenen Tieren unter anderem nach der Umgebungstemperatur und dem Feuchtigkeitsgehalt des Futters. Mutterschafe benötigen während der Laktationsperiode mehr Wasser, und eine Stallhaltung mit ausschließlicher Trockenfütterung etwa im Winter treibt den Wasserbedarf ebenfalls in die Höhe. Generell musst du sicherstellen, dass deine Schafe jederzeit Zugang zu frischem sauberem Trinkwasser haben. Anschließbare Schaftränken versorgen die Tiere optimal.
Verwendung: Wie werden die bretonischen Zwergschafe heute genutzt?
Das Zuchtziel ist ein hartes und anspruchsloses Schaf, das nur geringe Futter- und sonstige Versorgungsansprüche hat. Das Ouessantschaf wird deswegen insbesondere eingesetzt für folgende Bereiche:
- Landschaftspflege, auch auf kleinsten Flächen
- Ökologischer „Rasenmäher“ in privaten, aber auch gewerblichen oder öffentlichen Grünanlagen
Pflege: Was ist mit Schur, Klauenpflege & Co. bei Ouessantschafen?
Die dichte Wolle des Ouessantschafs musst du einmal im Jahr scheren. Der beste Zeitpunkt für die Schur liegt im Frühsommer, etwa Mitte Juni, wenn die sogenannte „Schafskälte“ vorüber ist. Je höher die Außentemperatur während der Schur ist, desto einfacher löst sich die sehr lanolinhaltige Wolle ab. Bestenfalls übernimmt ein professioneller und geduldiger Schafscherer diese Aufgabe.
TIPP: In unserem Ratgeber „Schafe richtig scheren – Alles zur Schafschur erfährst du hier“ kannst du dich über das Scheren von Schafen informieren.
Je nach Beweglichkeit und Weideuntergrund musst du auch auf eine ausreichende Klauenpflege bei deinen Tieren achten, um Fehlstellungen der Gliedmaßen und Klauenerkrankungen wie der Moderhinke vorzubeugen.
Damit deine Tiere nicht durch den Befall mit Parasiten wie Würmern, Milben oder Haarlingen geschwächt oder gar krank werden, solltest du mit deinem Tierarzt absprechen, wie du die Tiere vorbeugend behandeln kannst.
TIPP: Die Interessengemeinschaft Ouessantschaf e. V. fördert die Zucht und die Haltung des Ouessantschafs in Deutschland. Hier kannst du als Halter Kontakt zu anderen Besitzern und Züchtern bekommen und dich zum Beispiel über Fragen zur Zwergschaf-Haltung austauschen.
Bretonische Zwergschafe kaufen – Das musst du beachten!
Neben den weiter oben bereits erwähnten Vorgaben des Tierschutzgesetzes musst du die Vorschriften der Viehverkehrsverordnung beachten und deine Schafhaltung bei der zuständigen Behörde registrieren. Dafür musst du deinen Namen, Anschrift, Zahl der im Jahresdurchschnitt gehaltenen Tiere, Nutzungsart und Standort angeben.
Aber auch weitere gesetzliche Vorschriften gilt es bei der Haltung von Ouessantschafen zu berücksichtigen. Dazu gehören zum Beispiel die Tierschutz-Transportverordnung, das Futtermittelrecht und das Baurecht.
Auch wenn Zwergschafe in der Haltung unkompliziert sind, solltest du für die Tiere mindestens eine halbe Stunde Zeit am Tag einplanen, um sie zu kontrollieren und zu betreuen. Denke daran: Die Tiere wollen auch am Wochenende behütet sein. Hast du jemanden, der auch während deines Urlaubs nach ihnen schaut? Das alles gilt es zu beachten, bevor du dir die Tiere für deinen Garten kaufst.
Quellen:
wikipedia.org/wiki/Ouessantschaf
schafzucht-niedersachsen.de
herz-fuer-tiere.de/landtiere/schafe/schafrassen-von-a-bis-z/schafrassen-mit-o/ouessant-bretonisches-zwergschaf
interessengemeinschaft-ouessantschaf.de/3140-2/
myhomebook.de/garten/schafe-halten#h-voraussetzungen-um-schafe-im-garten-zu-halten
landkreis-erding.de/media/6470/merkblatt-schafhaltung.pdf
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