Beim Spaziergang oder der Autofahrt sehen wir sie immer wieder: Rehe, die auf dem Acker, am Waldrand oder auf der Wiese stehen und friedlich futtern. Sie „äsen“, wie der Jäger die Nahrungsaufnahme der Tiere nennt. Sicher hast du dich auch schon mal gefragt, was Rehe eigentlich fressen. Rupfen sie Gras wie Kühe, raspeln sie Salat wie Schnecken oder knabbern sie Nüsse und Samen wie Eichhörnchen?
In unserem Ratgeber erfährst du, was Rehen schmeckt und was sie am liebsten fressen.
Inhaltsverzeichnis
Wo leben Rehe?
Das Reh, mit wissenschaftlichem Namen Capreolus capreolus, lebt bei uns vor allem in Wäldern und der offenen Feldlandschaft. Es ist auch in sehr monotonen „Agrarsteppen“ und in der Nähe von Siedlungen und Gärten unterwegs, sofern Schutz und Deckung in Form von Hecken oder Gehölzinseln vorhanden sind. Hier findet das Reh eine Vielzahl unterschiedlicher Wild- und Kulturpflanzen vor, doch nicht alle frisst das Reh.
Wie läuft das Wiederkäuen beim Reh ab?
Rehe gehören wie Kühe, Schafe und Ziegen zu den Wiederkäuern.
Beim Wiederkäuen unterscheiden Biologen folgende Phasen:
- Die Rehe beißen die Nahrung ab, kauen sie grob, schlucken sie herunter und befördern sie durch die Speiseröhre in den Netzmagen und Pansen. Dort arbeitet die Bakterienflora den Brei das erste Mal auf.
- Dann würgen die Wiederkäuer die vorverdaute Kost wieder in das Maul hoch, wo sie die Nahrung gründlich kauen. Für diesen Schritt brauchen sie Ruhe und Zeit. Meistens legen sie sich dafür hin.
- Dann schlucken die Wiederkäuer den Nahrungsbrei wieder hinunter und er rutscht in den Pansen und Netzmagen. Anschließend wird der stark aufbereitete Futterbrei dem Blättermagen und Labmagen zugeführt. Dort wird die Nahrung weiter aufgeschlossen und wandert in den Dünndarm. Hier schließt sich die Verdauung u. a. durch Darmbakterien an.
Im Gegensatz zu Kühen haben Rehe einen einfacher aufgebauten Wiederkäuer-Magen mit nur kleinem, aber sehr effektiv arbeitenden Pansen. Das komplexe System des Wiederkäuer-Magens ist anfällig für Störungen, wie z. B. zu große Mengen ungewohnter Nahrung.
MERKE: Für die Wiederkauphase benötigt das Reh geschützte Orte wie Hecken oder dicht stehende Bäume. Allerdings kann das anpassungsfähige Tier zum Wiederkäuen auch den Schutz eines hochgewachsenen Maisfeldes aufsuchen. Ebenfalls nutzt es die Nacht zum Wiederkäuen.
Zu welchem Fresstyp unter den Wiederkäuern gehören Rehe?
Zoologen nennen Rehe „Konzentrat-Selektierer“ oder einfach nur „Selektierer“. Selektierer suchen gezielt nach pflanzeneiweißhaltiger, leicht verdaulicher Kost, die sie dann bevorzugt fressen. Auch Elche sind Selektierer, während unsere Kühe und Schafe zum Typ des reinen „Raufutter-Fressers“ gehören. Sie verzehren sehr große Mengen eiweißarmen Grünfutters. Ziegen und Hirsche gehören zum Intermediärtyp.
Wie ernährt sich ein Reh im Laufe des Jahres?
Rehe bevorzugen im Laufe des Jahres unterschiedliche Nahrungspflanzen. Sie sind generell auf eine große Vielfalt von verschiedenen, wilden Pflanzen angewiesen. Zudem weichen sie gern auf Kulturpflanzen aus, um ihre Ernährung zu bereichern. Rehe haben besondere Vorlieben, sie mögen z. B. die jungen Blätter von Laubbäumen. Giftige Pflanzen wie Eibe, Fingerhut und Tollkirsche meiden sie dagegen ebenso wie Brennnesseln.
Was fressen Rehe im Frühling?
Im Frühjahr fressen Rehe vor allem Knospen von Bäumen und Sträuchern sowie junge Gräser, die dann besonders saftig und eiweißreich sind.
Was fressen Rehe im Sommer?
Vom Spätfrühling bis zum Herbst ernähren sich Rehe von Baumtrieben und einer Vielzahl unterschiedlicher Kräuter, während Gräser im Grundfutter meist nur noch eine untergeordnete Rolle spielen. Besonders im Hochsommer nach der Gräserblüte sind alle Grasarten eiweißarm und als Nahrungsquelle für unser Rehwild nicht mehr interessant.
Was fressen Rehe im Winter?
Im Winter verzehren Rehe neben Knospen auch Farne, Schachtelhalme und Bärlappgewächse. Ebenfalls fressen sie Gräser und Brombeeren.
Durch das Abbeißen von Knospen, Blättern und Zweigen können Rehe land- und forstwirtschaftlich genutzten Pflanzen großen Schaden zufügen. Forstbesitzer fordern daher eine stärkere Bejagung des Rehwildes.
Hilfe, die Rehe kommen!
Um in der warmen Jahreszeit satt zu werden, muss ein etwa zwanzig Kilogramm schweres Reh zwei bis vier Kilo Grünfutter zu sich nehmen. Rehmütter, die Kitze säugen, haben besonders im späten Frühjahr einen hohen Energiebedarf. Da auf landwirtschaftlichen Flächen sehr leichtverdauliche und schmackhafte Pflanzen zu finden sind, sehen wir zu dieser Zeit häufig Rehe Grünkost knabbern, die für uns Menschen angebaut wurde.
Rehe lieben saftige Feldfrüchte wie die Schösslinge von jungem Weizen, Salat oder junge Kohlpflanzen. Wenn Rehe in großer Zahl über Feldkulturen herfallen, können sie ganze Ernten verwüsten. Landwirte und manche Gartenbesitzer ärgern sich über den Schaden, den diese „Gourmets“ unter den Wildtieren angerichtet haben.
MERKE:
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FAQ – Häufig gestellte Fragen zur Fütterung von Rehen
Darf man wildlebende Rehe füttern?
Vielleicht wohnst du in einem Haus am Wald und bekommst ab und zu Besuch von einem Reh. Sicher würdest du das anmutige Tier gern aus der Nähe betrachten und es füttern. Aber ist das überhaupt erlaubt?
In der Regel darfst du keine wildlebenden Tiere wie Rehe, Wildschweine oder Füchse füttern. Du kannst dafür sogar mit einem Bußgeld bestraft werden.
Das hat mehrere Gründe:
- Nicht artgerechte Nahrung, wie z. B. Brot, Apfel, Möhre, schadet dem Reh generell und kann möglicherweise zu einem Zusammenbruch der Verdauung und sogar zum Tod des Tieres führen.
- Wenn man wilde Tiere regelmäßig füttert, verlieren sie die Scheu vor den Menschen und können dann lästig und aufdringlich, manchmal sogar gefährlich werden.
- Wenn man Rehe zu oft mit Nahrung versorgt, die ihnen gut bekommt, können sie sich zu stark vermehren. Wie oben erwähnt verbeißen Rehe im Winter den Wald. Ein zu hoher Wildbestand schadet dem Wald.
In Notzeiten übernimmt der zuständige Jäger oder Förster die Fütterung des Rehwildes. Das ist zum Beispiel während eines schneereichen, harten Winters der Fall. Manchmal werden solche Winterfütterungen als Touristenattraktion angeboten. Beispielsweise finden im Oberharz Wildtierfütterungen an der Marienteichbaude und an der Waldgaststätte Bahnhof Stöberhai statt. Hier kann man im Winter Tiere an Futterraufen beobachten.
Womit werden Rehe gefüttert?
Geeignetes Futter für Rehe im Winter ist zum Beispiel hochwertiges Heu. Allerdings ist es nach § 28 des Bundesjagdgesetzes Aufgabe der Bundesländer zu entscheiden, ob das Füttern von Wild verboten oder gestattet ist. Die meisten Bundesländer erlauben das Füttern nur in Notzeiten wie in einem harten Winter. Dann dürfen in der Regel allerdings wie oben bereits beschrieben ausschließlich Jäger und Förster füttern, Spaziergängern ist es verboten.
Fressen Rehe Heu?
Ja, für Rehe ist Heu ein passendes Futtermittel in Notzeiten. Am besten ist es grün, enthält viele Blätter und duftet. Zum Beispiel ist Luzernenheu für Rehe sehr gut geeignet.
Darf Damwild Äpfel fressen?
Darmhirsche oder Rehe sollten keine Äpfel fressen. Sie besitzen einen Verdauungstrakt mit hochspezialisiertem Magen. In einem Wiederkäuermagen (Pansen) leben Bakterien und andere Kleinstlebewesen, die helfen, die Nahrung zu zerkleinern und zu zersetzen. Diese Bakterienflora ist an bestimmte Nahrung (wie Gräser, Kräuter etc.) angepasst. Wenn ein Damhirsch oder ein Reh mit großen Mengen Äpfeln gefüttert wird, können die Bakterien diese ungewohnte Kost nicht verwerten. Sie können dann absterben und giftige Stoffwechselprodukte erzeugen, was wiederum für den Damhirsch oder das Reh tödlich sein kann. Das gleiche gilt für Brot oder Bananen.
HINWEIS:
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Quellen:
wikipedia.org/wiki/Verbiss
wikipedia.org/wiki/Reh
myagrar.de/wildschaden-in-feld-und-wald-vermeiden
bußgeldkatalog.org/wildtiere-füttern
waidwerkstatt.de/wissen-natur
oberharz/winter/wildtierfütterung
jaegermagazin.de/jagd-aktuell/news-fuer-jaeger/wild-richtig-fuettern/
Bildnachweis:
© AdobeStock / Joris Machholz
Danke für diese wichtigen und interessanten Informationen.
Zum Thema Gesetz: Ich finde es sehr wichtig, wenn Gesetze in ihrer Sinnhaftigkeit erklärt werden- und diese oben zitierten stehen eindeutig für den Tierschutz.
Für Menschen, die nie Rehe zu sehen bekommen: googlet nach oder sucht im Internet, wo ihr in der freien Natur auf einem Wanderweg (und Abwarten!- Fernrohr nicht vergessen) Rehe beobachten könnt. Das ist nicht nur besser/gesünder als Anfüttern, sondern auch viel spannender, die Tiere in deren natürlichen Umgebung zu sehen. Manche fliegen auf Safari irgendwo hin… man kann sich seine eigene in Europa allerdings auch ‚ergehen‘ 🙂