Jeder von uns hat sicher schon vom „Säure-Basen-Haushalt“ und dessen Bedeutung für die Gesundheit gehört. Wusstest du, dass auch der Organismus des Pferdes übersäuern kann? Neben harmlosen Befindlichkeitsstörungen lassen sich ebenso ernsthafte Erkrankungen auf diesen Zustand zurückführen – sofern er nicht rechtzeitig behoben wird. Wie du eine Übersäuerung beim Pferd erkennst und was du dagegen tun kannst, verrät dir unser Ratgeber.
Inhaltsverzeichnis
Zunächst: Was versteht man unter Säure-Basen-Haushalt?
Hinter der Bezeichnung Säure-Basen-Haushalt verbergen sich diverse Puffersysteme, die dafür sorgen, dass der Körper Schwankungen des pH-Wertes regulieren kann. Zu diesen Regulatoren gehören:
- Magen
- Darm
- Nieren
- Lungen
- Bindegewebe
Der menschliche und tierische Organismus ist kontinuierlich damit beschäftigt, sicherzustellen, dass sich Säuren und Basen im Gleichgewicht halten. Die Balance ist für den Ablauf sämtlicher Stoffwechsel-, Atmungs-, Kreislauf- und Verdauungsvorgänge erforderlich.
MERKE:
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Was ist Übersäuerung?
Eine Übersäuerung – der Fachausdruck lautet Azidose – ist eine zu hohe Ansammlung an Säuren. Diese entstehen durch Stoffwechselprozesse, werden aber auch über die Nahrung aufgenommen.
Der Körper versucht den Säureüberschuss mittels basisch wirkender Nährstoffe und körpereigenen Mineralstoffen auszugleichen. Gelingt dies nicht, gerät der Säure-Basen-Haushalt durcheinander und eine Übersäuerung tritt ein. Die Puffersysteme bauen die Säuren nicht mehr vollständig ab. Sie werden vom Körper notgedrungen angesammelt und vorzugsweise im Bindegewebe und in den Gelenken abgelegt.
Hält dieser Zustand über längere Zeit an, kann es zu einer chronischen Übersäuerung mit vielfältigen Beschwerden kommen.
Woher kommt die Säure im Pferdekörper?
Eins vorweg: Säuren sind nicht per se schädlich. Im Gegenteil – der Körper braucht saure und basische Bereiche, um zu funktionieren. Probleme gibt es nur, wenn der Säure-Base-Haushalt aus dem Gleichgewicht gerät.
Beim Pferd resultiert eine Übersäuerung meist aus Stress, der durch Mängel im Bewegungs- und Fütterungsmanagement ausgelöst wird. Durch reine Boxenhaltung, zu wenig Auslauf, Sauerstoffmangel und Austrocknung kann es zu einer Säureüberladung kommen.
Eine ungeeignete Fütterung und spezifische Nährstoffmängel sind weitere mögliche Ursachen. Fresspausen von über vier Stunden sowie eine längerfristige Silage- und Heulagefütterung können beispielsweise dazu führen, dass der Magen des Pferdes übersäuert. Überschüsse an Eiweiß und bestimmte Medikamente sind ebenfalls in der Lage, das Säure-Basen-Gleichgewicht zu schwächen.
Woran erkenne ich, dass mein Pferd übersäuert ist?
Pferdebesitzer schildern unterschiedliche Symptome, die mit einer Übersäuerung in Verbindung gebracht werden. Allerdings reagiert jedes Tier individuell auf eine gestörte Entsäuerung.
Häufig werden Einlagerungen an Hals, Schulter und Kruppe beobachtet, die ein celluliteähnliches Erscheinungsbild aufweisen. Auch Muskelverspannungen, Blockaden und entzündliche Prozesse sind möglich.
Zu den typischen Symptomen am Verdauungstrakt gehören:
- Futterverweigerung
- Aufstoßen
- Durchfall und Kotwasser
- Koliken
Das übersäuerte Gewebe wird außerdem mit chronischen Haut- und Fellproblemen in Verbindung gebracht. Mögliche Anzeichen sind:
- Haarausfall
- stumpfes und glanzloses Fell
- Mauke
- Schuppen
- Pilzbefall und Ekzeme
- Körpergeruch
TIPP:
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Die Test-Sets sind in der Apotheke und im Internet erhältlich – inklusive ausführlicher Anleitung sowie einer Adresse für das zuständige Labor. Eingeschickt wird der Urin, den du im Idealfall in einem sauberen Glas auffängst und anschließend in die Teströhrchen füllst.
Was sind die Folgen einer Säureüberladung?
Übersäuerung ist ein schleichender Prozess, der sich – unbehandelt – stetig weiterentwickelt und immer neue Krankheitsbilder zum Vorschein bringen kann. Der Tierheilpraktiker Joachim Brand hat sich intensiv mit dem Säure-Basen-Haushalt von Pferden beschäftigt. Laut seinen Untersuchungen stehen folgende Erkrankungen in engem Zusammenhang mit einer chronischen Übersäuerung:
- Hufrehe
- Kreuzverschlag
- Steifheit
- Arthrose
- allgemeine Leistungsschwäche
- Sommerekzem
- chronischer Husten
- Hufprobleme
Was kann ich tun, damit mein Pferd nicht übersäuert?
Um eine dauerhafte Übersäuerung beim Pferd zu verhindern, solltest du folgende Tipps beherzigen:
1. Für ausreichend Bewegung sorgen
Pferde sind Lauf- und Herdentiere. In der freien Wildbahn bewegen sie sich viele Stunden am Tag. Es liegt somit auf der Hand, dass die Tiere täglich ausreichend Bewegung und Beschäftigung brauchen, um physisch und psychisch gesund zu bleiben.
Reite dein Pferd mindestens ein bis zwei Stunden täglich – gerne länger. Darüber hinaus kannst du den Bewegungsbedarf durch Zeit in der Führanlage oder beim Spazierengehen decken. Paddocks und Laufbänder sind ebenfalls hilfreich, um dem Tier ein abwechslungsreiches Bewegungsprogramm zu bieten. Achte jedoch darauf, dass du ein gesundes Maß an Training findest, welches zu dir und zu deinem Schützling passt.
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2. Artgerechte Fütterung gewährleisten
Wusstest du, dass der Verdauungsapparat eines Pferdes darauf eingestellt ist, fortlaufend rohfaserreiches Futter wie Heu aufzunehmen? Getreidestärke und Zucker kommen im natürlichen Speiseplan des Tieres kaum vor.
Eine Faustregel besagt, dass ein Pferd täglich mindestens 1,5 bis 2 Kilogramm Heu pro 100 Kilogramm Körpergewicht benötigt. Raufutter wirkt basisch und ist zudem sehr faserreich. Dein Pferd muss das Futter länger kauen und produziert somit vermehrt Speichel. Speichel reguliert wiederum den pH-Wert im Magen und wirkt als Puffer gegen Übersäuerung.
Weiterhin gilt: Raufutter vor Kraftfutter! Letzteres solltest du – wenn überhaupt – in kleinen Mengen füttern. Pferde fressen das Kraftfutter viel schneller, was eine verminderte Speichelproduktion zur Folge hat. Im Magen landen große Mengen Kraftfutter und zu wenig Speichel, um die Magensäure zu neutralisieren. Zudem enthält Kraftfutter häufig Stärke und Zucker, die säurebildend wirken.
Was hilft gegen eine Übersäuerung beim Pferd?
Die Behandlung richtet sich nach der Ursache. Wir erinnern uns: Bewegungsmangel und falsche Fütterung sind Hauptverursacher einer Übersäuerung. Es ist somit wichtig, für ausreichend Bewegung zu sorgen und die Fütterung zu überprüfen. Heißt konkret: qualitatives Raufutter in einer ausreichenden Menge zur Verfügung stellen und eine bedarfsgerechte Mineralisierung wählen.
Es lohnt sich, den Mineralstoff- und Elektrolythaushalt überprüfen zu lassen und eine zusätzliche Substituierung von Magnesiumfumarat, Kalium und Kalzium in Betracht ziehen. Die Gabe von Basenpräparaten, die nachweislich die Zelle öffnen, kann ebenfalls hilfreich sein. Diese sind in Pulverform und flüssig als Basenkonzentrate erhältlich.
TIPP:
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Welcher pH-Wert im Blut ist beim Pferd gesund?
Jede Körperflüssigkeit hat ihren eigenen optimalen pH-Wert. Beim Blut sollte dieser zwischen 7,35 und 7,45 liegen. Größere Abweichungen toleriert der Körper nicht.
Fazit: Sauer macht nicht lustig
Pferde können übersäuern – hierbei sammeln sich zu große Mengen an Säuren im Pferdekörper an, was zu diversen Beschwerden und Erkrankungen führt. Eine artgerechte Bewegung und Fütterung sind geeignete Mittel, um einer Übersäuerung entgegenzuwirken. Halten die Symptome über einen längeren Zeitraum an, ist es mit Sicherheit kein Fehler, sich von einem Tierarzt oder Tierheilpraktiker beraten zu lassen.
Quellen:
dr-susanne-weyrauch.de/vorschlaege/vorschlaege-pferd/uebersaeuerung
cavallo.de/medizin/wie-bleiben-saeuren-und-basen-im-gleichgewicht/
docplayer.org/77919936-Uebersaeuerung-bei-pferden-wenn-der-reiter-beim-reiten-sauer-wird-ist-es-das-pferd-oft-auch.html
silo.tips/download/joachim-brand-sure-basen-haushalt-azidose-als-krankheitsfaktor
st-georg.de/medizin/so-bleibt-die-darmflora-im-gleichgewicht-fuetterungstipps-fuer-pferdebesitzer/
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