Nicht nur der Mensch, sondern auch das Pferd leidet unter allergischen Reaktionen durch den Eichenprozessionsspinner. Wenn dein Vierbeiner ein geschwollenes Maul, entzündete Augen oder Pusteln an Kopf und Hals zeigt, muss das nicht an lästigen Fliegen und Bremsen hängen. Es kann auch der gefährliche Eichenprozessionsspinner dahinterstecken.
In unserem Ratgeber erfährst du, was du als Halter eines Pferdes über den Eichenprozessionsspinner wissen solltest.
Inhaltsverzeichnis
Was genau ist der Eichenprozessionsspinner?
Der Eichenprozessionsspinner ist ein Insekt und gehört zu den Schmetterlingen, genauer gesagt zu den Nachtfaltern. Er ist in Deutschland heimisch und kommt hier insbesondere im Nordosten und im Südwesten vor, aber auch in Teilen von Nordrhein-Westfalen.
Der Eichenprozessionsspinner durchläuft wie alle Schmetterlinge die Entwicklungsstadien Ei – Raupe oder Larve – Puppe – vollentwickelter Falter. In den letzten Jahren ist er zunehmend bekannter geworden, weil er sich massenhaft vermehrt hat. Die von ihm angerichteten forstwirtschaftlichen Schäden wurden sichtbarer. Seine Raupen fressen fast das gesamte Blatt. Sie verursachen Lichtungs- und Kahlfraß. Für Menschen und Tiere – so auch für Pferde – stellen die Raupen eine Gesundheitsgefahr dar, da die Brennhaare der Raupen starke klinische Erscheinungsbilder auslösen können. Erwachsene Falter sind ungefährlich. Die massive Vermehrung des Falters stellt ein natürliches Phänomen dar, das sich in der Vergangenheit selbst reguliert hat, ohne dass der Mensch eingegriffen hat.
Wo überwintern Eichenprozessionsspinner?
Die Falter des Eichenprozessionsspinners schlüpfen im August nach einer Puppenruhe von etwa drei bis sechs Wochen. Schon kurz nachdem sie ihre elterliche Kolonie verlassen haben, um eine neue Kolonie zu gründen, legen die Weibchen etwa 150 Eier in Reihen im oberen Bereich der Eichenkrone ab. Die Falter werden nur wenige Tage alt. In den gelegten Eiern entwickeln sich in den folgenden Herbstmonaten Embryos, die über den Winter hinweg in den Eiern bleiben bis zwischen Anfang April und Anfang Mai die Raupen schlüpfen.
Wo nisten Eichenprozessionsspinner?
Die Weibchen des Eichenprozessionsspinners legen noch im Sommer ihre Eier auf dünnen Ästen im oberen Bereich der Eichenkrone ab, die viel von der Sonne bestrahlt sind. Im kommenden Frühjahr schlüpfen die Raupen zwischen April und Mai. Die Larven durchleben sechs Stadien, die jeweils etwa zehn Tage fortbestehen. Den Tag und die Zeit der Häutungen zwischen den einzelnen Stadien verbringen sie in Nestern. Die jüngeren Raupenstadien erzeugen kleinere Gespinste in der oberen Krone. An Astgabeln des Stamms oder an dicken Ästen der unteren Krone befinden sich die bis zu fußballgroßen Nestern, die Raupen ab dem fünften Larvenstadium bilden. In diesen Gespinstnestern verpuppen sich die Insekten auch.
Warum heißen Eichenprozessionsspinner so?
Drei Merkmale des Eichenprozessionsspinners sind für ihn namensgebend geworden:
- „Eichen-“:
Er besiedelt insbesondere Bäume der Gattung Quercus (Eiche). Deswegen sind vorwiegend Eichenwälder befallen. Er kommt jedoch auch in Eichen-Hainbuchenwäldern und Eichenkiefernwäldern und gelegentlich auch auf anderen Laubbaumarten vor. - „-prozessions-“:
Die Raupen des Eichenprozessionsspinners leben in Familienverbänden. Sie fressen vorwiegend in der Nacht und wandern dafür zusammen den Baumstamm oder auch Äste entlang. Sie vollziehen dabei eine Art Umzug (Prozession; lat. procedere: vorrücken, voranschreiten). - „-spinner“:
Jüngere Raupenstadien bilden kleine Blattgespinste im Bereich der oberen Krone. Ältere Raupen spinnen Nester, die so groß sein können wie ein Fußball.
Gefahr: Ist der Eichenprozessionsspinner gefährlich für Pferde?
Ja, der Eichenprozessionsspinner ist nicht nur für Menschen gefährlich, sondern auch für Pferde. Ab dem dritten Larvenstadium bilden die Raupen Brennhaare aus. Die dünnen Härchen sind innen hohl und enthalten das Gift Thaumetopoein, mit dem sich die Raupen gegen Fressfeinde schützen. Da die Härchen leicht brechen, wird das Gift schnell freigesetzt. Wenn die Haare die Haut berühren, kommt es zu allergischen Reaktionen. Die Brennhaare besitzen Widerhaken, wodurch sie sich leicht an Haut und Schleimhaut festsetzen können. Es kommt schneller zu Reizungen und das Gift kann besser eindringen. Außerdem kann das Einatmen der Härchen zu Atembeschwerden führen. In seltenen Einzelfällen kommt es zum allergischen Schock.
Mit jeder Häutung bekommt die Raupe mehr Brennhaare, die auch immer länger sind. Die Raupen verlieren die Haare insbesondere während der Fraßzeit im Mai und im Juni. Jetzt sind die Raupen besonders aktiv.
PROBLEM: In den Gespinstnestern finden die Häutungen und die Verpuppung statt. Die Brennhaare der Raupen bleiben über einen langen Zeitraum giftig, so dass die Nester aus Häutungsresten jahrelang eine Gefahr darstellen. Der Wind trägt die Härchen in die Umgebung. Das Pferd muss also nicht direkt mit den Raupen in Kontakt kommen, um geschädigt zu werden. Sie bleiben zum Beispiel am Boden auf der Pferdeweide hängen, wo das Pferd häufig am Maul mit ihnen in Berührung kommt.
Übersicht: Welche Stadien des Eichenprozessionsspinners sind besonders gefährlich?
Monat
|
Stadium des EPS | Gefahr durch Brennhaare |
Januar | Ei | Geringe Gefahr |
Februar | Ei | Geringe Gefahr |
März | Ei | Geringe Gefahr |
April | Ab Anfang/Mitte April Raupe | Geringe Gefahr |
Mai | Raupe | Zunehmende Gefahr |
Juni | Raupe | Stärkere Gefahr |
Juli | Puppe | Stärkere Gefahr |
August | Falter (bis Anfang September) | Stärkere Gefahr |
September | Ei | Stärkere Gefahr |
Oktober | Ei | Stärkere Gefahr |
November | Ei | Abnehmende Gefahr |
Dezember | Ei | Geringe Gefahr |
Symptome: Welche Krankheitsanzeichen verursacht der Eichenprozessionsspinner beim Pferd?
Das Pferd zeigt Symptome einer Allergie, wenn es mit dem Eichenprozessionsspinner in Kontakt kommt. Je nachdem, wo die Härchen das Tier berühren und wie stark das einzelne Tier reagiert, treten Symptome auf. Häufig sind Symptome am Maul und in der Maulhöhle. Hier bekommen die Tiere beim Fressen des Weidegrases Kontakt zu den Brennhaaren. Aber auch die Augen werden schnell von den feinen Haaren kontaminiert. Oder die Tiere atmen die Härchen ein und reagieren mit Atembeschwerden.
Folgende Symptome können zum Beispiel beim Pferd auftreten:
- Schwellungen im Kopf-Hals-Bereich:
beispielsweise Pferdemaul, Zunge, Auge - Bindehautentzündung
- Pusteln oder Quaddeln an bestimmten Körperbereichen (Urtikaria, Nesselsucht)
- Juckreiz
- Husten
- Atemnot (Lunge betroffen)
- Schwellungen an Beinen
- Unspezifische Koliksymptome
TIPP: Wenn Fliegenmasken und Fliegendecken gegen allergische Reaktionen bei deinem Pferd nicht helfen, denke auch immer an den Eichenprozessionsspinner!
Sofortmaßnahmen: Was mache ich, wenn mein Pferd Symptome nach Kontakt zum Eichenprozessionsspinner zeigt?
Wenn dein Pferd Kontakt zu Haaren der Larve des Eichenprozessionsspinners hatte, solltest du so schnell wie möglich Maßnahmen einleiten. Dazu gehören:
- Dusche dein Pferd ab!
- Bürste es anschließend vorsichtig! Dabei nicht zu feste drücken, damit du die Haare nicht in die Haut drückst.
- Kühle die betroffenen Bereiche!
- Biete deinem Pferd Wasser an, um Kreislaufprobleme zu vermeiden!
- Nimm Kontakt zu deinem Tierarzt auf und beschreibe ihm genau die Symptome!
=> Der Veterinär erteilt dir gegebenenfalls weitere Handlungsanweisungen und entscheidet, ob er sofort kommen muss, um Medikamente zu verabreichen. - Ziehe Handschuhe an, wenn du dich um dein Pferd kümmerst! Schnell bist du auch mit den gefährlichen Haaren in Berührung gekommen.
- Reinige Trensen, Sattel oder anderes Zubehör gründlich, wenn es mit den Haaren Kontakt gehabt haben könnte!
Behandlung: Wie behandelt der Tierarzt mein Pferd nach Kontakt mit dem Eichenprozessionsspinner?
Der Veterinär behandelt dein Pferd sofort mit Medikamenten, wenn es starke Symptome zeigt. Dabei kann er folgende Therapeutika einsetzen:
- Antiallergika – um allergische Symptome zu mindern
- Entzündungshemmende Medikamente (Cortisonpräparate)
- Schmerzmittel
- Entwässernde Medikamente
- Beruhigungsmittel (bei stark aufgeregten Tieren)
Bekämpfung: Was sind Bekämpfungsmaßnahmen gegen den Eichenprozessionsspinner auf der Pferdeweide?
WICHTIG: Ausschließlich Spezialisten dürfen die Nester der Eichenprozessionsspinner entsorgen.
Niemals selbst versuchen, die Nester zu beseitigen! Das ist wegen der hohen Konzentration der giftigen Härchen viel zu gefährlich für deine Gesundheit. Hier müssen Fachleute aktiv werden, die sich selbst mit einer Schutzausrüstung bestens schützen. Ihnen steht professionelles Arbeitsgerät zur Verfügung, mit dem sie die Nester und Raupen am Baumstamm und in der Baumkrone sicher entfernen können.
Der aktuelle Praxisleitfaden für Städte und Gemeinden im Bundesland Nordrhein-Westfalen beschreibt genau, wie mit einem aktuellen Befall mit dem Eichenprozessionsspinner grundsätzlich umgegangen werden sollte:
- Der betroffene Bereich wird nach dem Grad der Gefährdung beurteilt. Höchste Priorisierung für die Bekämpfung haben Areale mit vielen Fußgängern und hohem Radverkehr oder Areale mit Kindergärten, Seniorenheime etc. Weniger priorisiert sind hingegen befallene Bäume, die weit weg von Bebauungen, Wegen oder Straßen stehen.
- Verschiedene Behörden sind beteiligt beim Vorgehen gegen den Eichenprozessionsspinner – unter anderem die Grünflächenverwaltung, das Gesundheitsamt, das Ordnungsamt und die untere Naturschutzbehörde.
Wenn du einen betroffenen Baum auf der Weide deines Pferdes oder auf dem Stallgelände entdeckt hast, benachrichtigst du den Hofeigentümer und drängst darauf, dass Fachleute die Nester so bald wie möglich entfernen.
Befindet sich ein befallener Baum im öffentlichen Raum, zum Beispiel nahe der Weide, jedoch jenseits des Hofgrundstücks, informierst du eine zuständige Behörde. Sie entscheidet über die Bekämpfung. Über eingehende Meldungen sammelt sie außerdem Daten, die ihr helfen, einen Überblick darüber zu bekommen, wie weit der Eichenprozessionsspinners in der Region verbreitet ist. Auf diese Weise kann man die Gefahrenlage besser einschätzen.
Welche Maßnahmen zur Bekämpfung des Eichenprozessionsspinners gibt es?
Es ist es auf verschiedene Arten möglich, den Eichenprozessionsspinner abzuwehren.
- Natürliche Feinde:
Zum Beispiel können Vögel, räuberische Käferarten und Parasitoide die Population des Eichenprozessionsspinners verkleinern. Ein parasitoider Organismus (meist Insekten, zum Beispiel Schlupfwespen) frisst schließlich seinen Wirt. Entsprechende Maßnahmen zur Förderung der Gegenspieler wie zum Beispiel das Anlegen artenreicher Hecken werden gefördert. - Fallen für die Raupen:
Mechanische Barrieren am Stamm kann man als Fallen für die Raupen am Stamm einsetzen. Sie sind jedoch nicht in den oberen Baumabschnitten verwendbar. - Entfernen der Nester:
Man verhindert, dass die Umwelt mit Raupen und Brennhaaren kontaminiert wird, wenn man die gesamten Gespinstnester entfernt. Spezialisten in sicherer Schutzkleidung sammeln und saugen Raupen und Nester auf. Für das Absaugen verwenden die Experten zertifizierte Sicherheitssauger. Auch können sie mit bestimmtem abbaubarem Kleister die Brennhaare in den Nestern binden. Danach sammeln sie die Gespinste ab. - Abflammen der Gespinste:
Das Abflammen der Gespinste wurde früher häufig durchgeführt. Mittlerweile nimmt man Abstand davon, da es die giftigen Brennhaare in die Luft weht. Unter Umständen verteilen sie sich über große Bereiche. Auch Raupen erwischt man nicht sicher, so dass die Wirkung des Abflammens nicht ausreichend ist. - Einsatz von Pflanzenschutzmitteln und Bioziden:
Fachleute wenden die Insektizide idealerweise zeitgleich mit dem Schlüpfen der Raupen an. Sonst wird die Belastung durch die Brennhaare nicht ausreichend gemindert. In Einzelfällen und unter besonderen Bedingungen darf das Pflanzenschutzmittel auch aus der Luft eingesetzt werden.
Vorsorgemaßnahmen: Wie schütze ich mein Pferd vor dem Eichenprozessionsspinner?
Damit dein Pferd gar nicht erst mit den gefährlichen Haaren des Eichenprozessionsspinners in Berührung kommt, kannst du Vorsorge treffen. Dazu gehören folgende Maßnahmen:
- Dein Pferd sollte nicht in der Nähe von befallenen Bäumen weiden.
- Um betroffene Waldgebiete musst du beim Ausreiten einen großen Bogen machen.
- Auf das Gewinnen von Heu der Wiesen, die sich in der Nähe befallener Bäume befinden, sollte man dringend verzichten.
- Heu, das dein Pferd zum Fressen bekommt, solltest du kontrollieren. Wenn du dir nicht sicher bist, ob das Heu kontaminiert ist, entsorge es im Zweifel lieber.
- Stehen Eichen an oder auf der Hofanlage oder der Weide? Wenn ja, dann kontrolliere sie regelmäßig.
- Jeden Befall meldest du sofort dem Hofeigentümer bzw. dem zuständigen Amt.
Quellen:
umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/421/publikationen/190514_uba_hg_eichenprozessionsspinner_bf.pdf
wikipedia.org/wiki/Eichen-Prozessionsspinner
nabu.de/imperia/md/content/nabude/wald/130506-nabu-hintergrundpapier-eichenprozessionsspinner-2.pdf
mein-pferd.de/pferdegesundheit/gefaehrliche-raupen-eichenprozessionsspinner/
tierarzt-onlineverzeichnis.de/blog/eichenprozessionsspinner-pferde/
st-georg.de/wissen/eichenprozessionsspinner-auch-fuer-pferde-eine-gefahr/
reiterrevue.de/ausbildung-und-praxis/gesundheit/horror-haare-die-gefahr-des-eichenprozessionsspinner
umwelt.nrw.de/fileadmin/redaktion/Broschueren/eps_leitfaden_web_bf.pdf
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