Pferde und Ponys sollten immer artgerecht gehalten werden, damit sich die Tiere wohlfühlen, gesund bleiben und ein sicheres Zusammenarbeiten von Mensch und Tier möglich ist. Aber bedeutet artgerechte Haltung auch immer Gruppenhaltung? Es kommt auf die Tiere an. Pferde und Ponys sind sehr soziale Tiere und benötigen grundsätzlich Sicht-, Geruchs- und Hörkontakt zu Artgenossen. Aber Pferde und Ponys sind eben auch Individuen: Es muss passen in der Gruppe. Unter Umständen kann also eine Einzelhaltung artgerechter und tierfreundlicher sein als die Gruppenhaltung.
Für Halter und Halterinnen stellt es eine hohe Herausforderung dar, die richtige Haltungsform für ihre Tiere zu finden. Enger Kontakt mit den Tieren, aufmerksames Beobachten und kontinuierliche Anpassungen an die Situation sind wichtig.
Stallbedarf24 hat sich schlau gemacht und verrät dir, wie es sich mit der Einzelhaltung und der Gruppenhaltung von Pferden verhält.
Inhaltsverzeichnis
Artgerechte Pferdehaltung: Die Tiere können ihre Bedürfnisse befriedigen
Man kann nicht grundsätzlich sagen, ob die Haltung in der Gruppe oder eine Einzelhaltung artgerechter ist. Jede Haltungsform ist pferdegerecht, solange die Tiere sich normal verhalten können und das auch tun. Wie gut es Pferden und Ponys geht, hängt außerdem nicht nur von der Haltungsform ab. Wichtig ist, dass du dein Tier oder deine Tiere ausreichend betreust, die Betriebsorganisation auf das Wohl der Tiere abgestimmt ist und die täglichen Abläufe an die Bedürfnisse der Pferde angepasst sind.
Was bedeutet Einzelhaltung eigentlich?
In der Regel bedeutet Einzelhaltung, dass dein Pferd in einer Box lebt. Die Box befindet sich in einem Stallgebäude und das ist geschlossen.
- Innenbox:
Um eine Innenbox handelt es sich, wenn kein Fenster vorhanden ist. Dein Pferd oder Pony sieht entsprechend in der Box kein natürliches Sonnenlicht und kann nicht direkt nach draußen schauen.
- Außenbox:
Wenn dein Pferd in einer Außenbox untergebracht ist, kann es nach draußen blicken. - Paddockbox:
Bei einer Paddockbox kann es nach draußen auf einen Kleinauslauf gehen. Der Auslauf grenzt nicht nur an die Box, sondern ist auch immer frei zugänglich.
Jede Pferdebox muss hell und luftig sein. Die Fläche muss der Größe deines Pferdes angemessen sein. Dafür gibt es eine einfache Formel: Du multiplizierst die Widerristhöhe deines Tiers mit zwei und nimmst das Ergebnis zum Quadrat. Das ergibt die Anzahl an Quadratmetern, die dein Tier in Einzelhaltung wenigstens zur Verfügung haben sollte.
MERKE: Mindestboxengröße Einzelhaltung: (2 x Widerristhöhe)2
Im Stall muss jedoch noch mehr beachtet werden als die Boxengröße:
- Die Temperaturen sollten immer der Außentemperatur entsprechen, Extremtemperaturen musst du jedoch abmildern.
=> Es ist also nie extrem kalt oder extrem heiß im Stall – auch wenn es draußen sehr kalt oder heißt sein sollte. Schließlich hältst du dein Tier im Stall, um es vor extremen Wetterlagen zu schützen. - Jede Pferdebox muss hell und luftig sein. Du musst bei Einzelhaltung im Stall immer berücksichtigen, dass dein Pferd ein starkes Bedürfnis nach Frischluft hat. Ammoniak und Staub sind für die Atemwege schädlich.
- Du sorgst dafür, dass die Einstreu sauber und trocken ist. Bestens geeignet als Einstreu ist Stroh, denn damit beschäftigt sich dein Tier auch gerne.
Die folgende Tabelle gibt Mindestmaße für die Einzelhaltung an:
Mindestmaße für die Einzelhaltung | Widerristhöhen | ||
Am Beispiel von 3 Widerristhöhen | 1,30 m | 1,48 m | 1,68 m |
Boxenfläche für ein einzelnes Pferd | 6,76 m2 | 8,76 m2 | 11,29 m2 |
Boxenfläche für eine Stute mit Fohlen | 8,94 m2 | 11,59 m2 | 14,93 m2 |
Mindestlänge der Schmalseite der Box | 2,28 m | 2,59 m | 2,94 m |
Höhe der Trennwand mit Aufsatzgitter | 1,69 m | 1,92 m | 2,18 m |
Türhöhe einer Boxenaußentür und von Schiebetüren | 1,82 m | 2,07 m | 2,20 m |
Höhe der unteren Hälfte einer Boxenaußentür | 1,04 m | 1,18 m | 1,34 m |
Fläche eines Kleinauslaufs | 6,76 m2 | 8,76 m2 | 11,29 m2 |
TIPP: In unserem Ratgeber „Pferdeboxen – Alles was Du wissen musst“ kannst du genau nachlesen, worauf du beim Einrichten einer Pferdebox achten musst.
Einzelhaltung ist keine Isolationshaft!
Pferde und Ponys sind soziale Tiere. Auch bei Einzelhaltung im Stall braucht dein Tier Kontakt mit Artgenossen. Dein Pferd sollte andere Pferde wenigstens sehen, riechen und hören können. Ist das nicht der Fall, verstößt du mit der Haltung gegen den Tierschutz.
Achte darauf, dass dein Tier sich mit dem unmittelbaren Boxennachbarn gut versteht. Dann bilden sich enge Freundschaften, was den Tieren guttut.
Sorge dafür, dass dein Tier jeden Tag viel Auslauf bekommt. Es braucht Bewegung auf einem wetterfesten Auslauf oder auf der Weide. Es freut sich, wenn es während dieser Zeit direkten Körperkontakt zu Artgenossen haben kann.
Die einzige Ausnahme von dieser Regel zum Körperkontakt besteht, wenn dein Tier zum Beispiel wegen einer Infektionskrankheit in Quarantäne gehalten werden muss. Sonst solltest du immer sicherstellen, dass Kontakte zwischen den Tieren bestehen!
Welche Gruppenhaltung von Pferden gibt es?
Naturnahe Haltung bedeutet bei Pferden und Ponys grundsätzlich, dass sie in einer Gruppe leben. Sie haben also immer Artgenossen und -genossinnen um sich herum. Dabei ist erst einmal zweitrangig, ob du deine Pferdegruppe im Freien oder im Stall hältst. Ein Innenraumlaufstall ist genauso möglich wie die Gruppenhaltung im Freien.
- Mehrraumlaufstall:
Von einem Mehrraumlaufstall spricht man, wenn Auslaufbereiche, Fressbereich und Liegebereiche in einiger Entfernung zueinander liegen. Wenn es keinen ständigen Zugang nach draußen gibt, handelt es sich um einen Innenraumlaufstall. - Offenstall:
Bei einem Offenstall haben die Pferde und Ponys dauerhaften Zugang zu Außenbereichen. - Bewegungsstall:
Der Alltag deines Pferds oder Ponys besteht in erster Linie aus Bewegung, Fressen und Ruhen. In einem sogenannten Bewegungsstall sind die verschiedenen Bereiche oder Zonen für die jeweiligen Tätigkeiten voneinander entfernt. Dein Pferd muss sich also bewegen, um von einem Funktionsbereich in den nächsten zu kommen. - Freilandhaltung:
Die ganzjährige Haltung einer Gruppe im Außenbereich bezeichnet man als Freilandhaltung. Du kannst Zuchtstuten und Fohlen zusammen mit Jungpferden in der Gruppe bestens auf die Weide stellen. Den Tieren geht es damit sehr gut. Sie brauchen die Nähe zu Artgenossen in verschiedenen Altersstufen, um ein gesundes Sozialverhalten zu entwickeln. Das Toben auf der Weide stärkt den Bewegungsapparat und das Herz-Kreislauf-System der Pferde.
Die folgende Tabelle gibt Mindestmaße für die Gruppenhaltung an:
Mindestmaße für die Gruppenhaltung | Widerristhöhen | ||
Am Beispiel von 3 Widerristhöhen | 1,30 m | 1,48 m | 1,68 m |
Liegefläche/Pferd im geschlossenen Laufstall (ohne Auslauf) | 6,76 m2 | 8,76 m2 | 11,29 m2 |
Liegefläche/Pferd im Mehrraum-Außenlaufstall mit Auslauf | 5,07 m2 | 6,57 m2 | 8,47 m2 |
Fressstandlänge | 2,34 m | 2,66 m | 3,02 m |
Trennwandhöhe der Fressstände | 1,69 m | 1,92 m | 2,18 m |
Warum ist die Gruppenzusammenstellung bedeutsam?
Nicht alle Pferde und Ponys vertragen sich untereinander. Das ist wie bei uns Menschen: Manchmal können wir jemanden einfach nicht „riechen“. Auf solche individuellen Abneigungen musst du Rücksicht nehmen, wenn du Pferde in Gruppen zusammenstellst. Einfach nur ein paar Tiere in einen umzäunten Bereich bringen und Heuraufe, Tränke und einen Unterstand aufbauen ist zwar einfach, funktioniert aber nicht gut.
Viele Pferdehalter stellen fest, dass es bei Gruppenhaltung oft zu Spannungen kommt – und zwar auch unter Tieren, die sich eigentlich gut vertragen. Machtkämpfe und Mobbing kommen in Gruppenhaltung vor. Das führt zu starkem Stress bei einzelnen Tieren und zu Krankheiten.
Meist ist mangelnder Platz das Problem. Denn auch Tiere, die sich mögen, wollen nicht die ganze Zeit eng beieinander sein. Die Pferde müssen sich zurückziehen können. Das ist bei wenig Fläche und vielen Tieren ein Problem. Die Tiere fühlen sich nicht wohl und es kommt zu Aggressionen. Mit portioniertem Futter oder mit Flächenbegrenzungen löst du das Problem nicht.
BEACHTE: Gruppenhaltung erfordert viel Platz: Du brauchst wenigstens 100 Quadratmeter Bewegungsfläche zuzüglich 12 Quadratmeter Liegefläche pro Tier.
Damit sich auch rangniedrige Pferde in Gruppenhaltung wohlfühlen, solltest du Folgendes beachten:
- Liegeflächen müssen entsprechend großzügig bemessen sein, damit sich auch die rangniedrigen Tiere ausreichend erholen können. Den Liegebereich musst du einstreuen. Matten ersetzen niemals die Einstreu.
- Rangkämpfe vermeidest du, wenn ausreichend Ressourcen für alle Pferde vorhanden sind. Das betrifft die Plätze an der Raufe für Raufutter genauso wie an der Tränke und das Platzangebot beim Witterungsschutz.
In den Ruhe- und Bewegungsbereichen sollten außerdem Strukturelemente vorhanden sein.
Warum muss man auf Wegeführung und Form der Gehege achten?
Auch bei großzügig bemessenen Arealen kannst du immer noch etwas falsch machen. Achte darauf, dass es keine spitzen Winkel und keine Sackgassen gibt. Denn in solchen Ecken können sich die Tiere nicht ausreichend aus dem Weg gehen.
Auch enge Durchgänge sind unangenehm. Das kannst du dir vorstellen wie ein sehr enges Treppenhaus. Musst du hier an einer Person vorbeigehen, die du überhaupt nicht magst, ist das sehr unangenehm für dich. Deinem Pferd geht es genauso. Deshalb müssen Durchgänge und abgesperrte Wege immer breit genug sein. Zwei Pferde müssen in der Gruppenhaltung problemlos mit Abstand aneinander vorbeigehen können.
Quellenangaben:
growi.de/media/files_public/Katalog_Growi_Stall_und_Weidetechnik_2021.pdf Seite 8 und 9
edoc.ub.uni-muenchen.de/13395/1/Wille_Marie_Luise.pdf
pferd-aktuell.de/ausbildung/pferdehaltung/einzel–und-gruppenhaltung
Leitlinien zur Beurteilung von Pferdhaltungen unter Tierschutzgesichtspunkten vom Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, 9. Juni 2009
Beitragsbild:
Adobe Stock © beatrix kido
Darstellungen:
Growi © Katalog Stall- und Weidetechnik 2021, S. 8 und 9
Eines der grundlegenden Themen bei der Haltung von Pferden ist die Form der Pferdehaltung selbst. Hier sollten wir uns immer an der Natur des Pferdes orientieren. Mit euren Angaben vom Offenstall bis zur Freilandhaltung habt ihr schon gute Alternativen vorgestellt. Was noch fehlt, ist der Paddock Trail. Dieses Haltungskonzept bietet den Pferden zusätzlich „unendliche Wege“, welches dem natürlichen Bewegungsbedürfnis des Lauftieres Pferd sehr nahe kommt. Wir von Pferdekult können diese Haltungsform nur empfehlen…
Liebes Team von Pferdekult,
wir freuen uns sehr, dass Euch unser Ratgeber „Einzelhaltung und Gruppenhaltung bei Pferden – Das solltest Du bedenken!“ interessiert hat und Euch gefällt. Ihr habt recht, dass noch Informationen über die Paddock Trail-Haltungsform fehlen. Wir werden zeitnah darüber einen eigenen Ratgeber herausgeben und diesen hier mit einem kurzen Abschnitt ergänzen.
Vielen Dank für die Anregung und noch viel Spaß mit Eurer Pferdehaltung!
Viele Grüße
Ann-Cathrin
Hier nun unser Ratgeber zum Paddock Trail: https://www.stallbedarf24.de/ratgeber/was-ist-ein-paddock-trail-alles-wissenswerte-zur-naturnahen-pferdehaltung/
Viele Grüße
Ann-Cathrin