Pferde sind Fluchttiere – da kommt es auch schnell einmal zum Schaden. Aber wer ist verantwortlich und wer haftet? Diese und weitere Fragen beantworten wir dir im folgenden Ratgeber.
Generell gilt: Wer einem anderen einen Schaden zufügt, ist dem Geschädigten grundsätzlich zum Ersatz des Schadens verpflichtet, sofern eben dieser Schaden schuldhaft zugefügt wurde. Schuldhaft bedeutet die Herbeiführung mit Vorsatz oder ein fahrlässiges Handeln. Aber was auch zusätzlich beachtet werden muss ist eine Gefährdungshaftung. Diese Art der Haftung kommt auch ohne ein Verschulden zum Tragen. Dies ist bspw. im Straßenverkehr beim Führen von Kraftfahrzeugen der Fall, aber auch bei der Tierhalterhaftung.
Inhaltsverzeichnis
Haftungsarten: Deliktshaftung vs. Vertragliche Haftung
Rechtsgrundlage jeder Haftung ist vereinfacht grds. eine sogenannte Deliktshaftung oder eine vertragliche Pflichtverletzung. Im deutschen Zivilrecht gibt es unter anderem eine vertragliche Haftung und die außervertragliche, deliktische Haftung. Darüber hinaus gibt es die Verschuldens-, Gefährdungs- und Garantiehaftungen.
Vertragsrecht: Der Schuldner haftet für die vertragsgemäße Erfüllung seiner Hauptleistungspflicht. Zum anderen heißt vertragliche Haftung, dass der Schuldner Schadensersatz leisten muss, wenn er schuldhaft seine Neben- und Rücksichtnahmepflichten verletzt. Schließen zwei Geschäftsparteien einen Vertrag, dann entstehen gewissen Vertragspflichten. Beide Seiten sind verpflichtet, die von ihnen geschuldete Leistung zu erbringen. Bei einem Kaufvertrag bedeutet dies:
- die Zahlung des Kaufpreises durch den Käufer
- die Übergabe und Übereignung einer mangelfreien Kaufsache durch den Verkäufer
Bei einer reinen deliktischen (außervertraglichen) Haftung besteht zwischen dem Schädiger und dem Geschädigten keine direkte vertragliche Beziehung, aber es gibt auch Kombinationen.
Wenn ein Reitlehrer den Anfänger völlig überfordert und dieser vom Pferd fällt, ist an eine Haftung aus dem bestehenden Unterrichtsvertrages (Dienstleistung) zu denken. Decke ich bspw. ein Loch im Bodem nicht ab und ein anderer stürzt hinein, habe ich keine vertragliche direkte Beziehung, dennoch eine Haftungssituation. Dennoch kann die Haftung auch kumulativ auf Grund der vertraglichen Basis und der deliktischen Haftung bestehen und der Geschädigte kann seinen Anspruch auf Unterschiedliche Rechtsgrundlagen (Ansprüche) stützen. Den Schaden bekommt er nur einmal ersetzt, aber im Einzelfall ist dies von Vorteil, sofern auch unterschiedliche Beweisregeln vorhanden sind.
Was ist die Gefährdungshaftung?
Schäden durch Tiere:
Die Tierhalterhaftung besteht regelmäßig auch ohne Verschulden – diese nennt sich Gefährdungshaftung. Dies stellt die Verantwortung für die Gefährdung anderer dar. Verantwortlich und damit schadenersatzpflichtig ist grundsätzlich der Halter der Tiere, im Normalfall der Eigentümer.
Tierhalter ist, wer die tatsächliche Bestimmungsmacht über ein Pferd hat, aus eigenem Interesse für die Kosten des Tieres aufkommt, den allgemeinen Wert und Nutzen des Tieres für sich in Anspruch nimmt und das Risiko seines Verlustes trägt. Ein Tierhalter im Sinne des Gesetzes können auch mehrere sein, Eigentum ist keine Voraussetzung. Interessant ist die Klassifizierung bei der Reitbeteiligung. Liegt diese bspw. dergestalt vor, dass der Reitbeteiligung wie ein Miteigentümer Rechte und Pflichten hat, so ist dieser regelmäßig auch als Tierhalter oder eben als Tierhüter einzustufen. Bei der Tierhüterhaftung ist die Haftung nicht ganz so streng, es kommt auf ein vermutetes Verschulden und einen vermuteten ursächlichen Zusammenhang an. Nötig ist die Übernahme der Aufsicht, wenn der Person die selbständige allgemeine Gewalt und Aufsicht über das Tier übertragen wurde, mithin für eine gewisse Dauer zur Selbständigen Ausübung. Die Betrachtung ist stets am Einzelfall und einschränkend vorzunehmen. Ein Stallbursche oder angestellter Reitlehrer, welcher nur auf Anweisung handelt, ist kein Tierhüter. Wer bspw. ein Pferd für einen Ausritt mietet, ist als Tierhüter zu qualifizieren. Tierhalter und Tierhüter haften gemeinsam nach § 840 BGB. Hierbei sind mehrere nebeneinander verantwortlich und haften als Gesamtschuldner.
Der Tierhüter ist nicht verantwortlich nach § 834 BGB, wenn er bei der Aufsicht die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beachtet hat oder wenn der konkrete Schaden eben auch bei Anwendung der Sorgfalt entstanden wäre. Wir halten damit fest, dass die Gefährdungshaftung des „privaten“ Tierhalters am „strengsten“ ist, den er haftet verschuldensunabhängig. Eine Haftung tritt jedoch nicht ein, wenn das Pferd bspw. dem Beruf, der Erwerbsfähigkeit oder dem Unterhalt des Tierhalters dient und dieser Tierhalter bei der Beaufsichtigung die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet hat oder eben dieser Schaden auch bei der Beachtung der erforderlichen Sorgfalt ebenso eingetreten wäre. Diese Möglichkeit des Entlastungsbeweises ist nur bei Nutztieren und eben nicht bei reinen „Luxustieren“ anzuwenden. Bei sog. Luxustieren.
Infos für den Reitbeteiligungsvertrag
Interessant in diesem Zusammenhang sind auch stets Reitbeteiligungsverträge und die Frage, wie die Haftung der Reitbeteiligung sich eingrenzen oder ausschließen lässt. Hierbei werden oft Regelungen getroffen dergestalt, dass der Eigentümer als alleiniger Halter anzusehen ist und die Tierhalterhaftpflichtversicherung unterhält. Geregelt wird auch öfters, dass die Reitbeteiligung nicht für Schäden am Pferd haftet, die auf der ordnungsgemäßen und vereinbarten Nutzung beruhen, sofern sie nicht mindestens grob fahrlässiges Fehlverhalten zurückzuführen ist. Zudem werden auch wechselseitige Freistellungen gegenüber Dritten verwendet. Am sinnvollsten sind eine Beratung und individuelle Ausarbeitung auf euch abgestimmte Vereinbarung.
Wenn Pferde Menschen oder andere Sachen verletzen – wer haftet?
Haftung des Tierhalters § 833 S. 1 BGB besagt:
Wird durch ein Tier ein Mensch getötet oder der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist derjenige, welcher das Tier hält, verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.
Die Haftung setzt damit voraus, dass der Schaden durch ein „typisch tierisches Verhalten des
Tieres“ verursacht worden ist. Hierunter ist bspw. das Beißen eines Hundes oder das Ausschlagen, Scheuen, Steigen, Beißen oder Durchgehen eines Pferdes gemeint.
Die generelle Haftung wird in den Fällen höherer Gewalt ausgeschlossen, sodass zumindest die Haftungssituation etwas eingeschränkt wird.
Hierbei sind Fallgruppen anerkannt, die die Gefährdungshaftung einschränken bzw. ausschließen:
- sofern das Tier mechanisch eingesetzt wird, in dem es wie eine „leblose“ Sache eben rein mechanisch wirkt. Ein Fahrradfahrer fährt über einen kleinen schlafenden Hund und stürzt.
- Reine Reflexbewegungen
- Rein menschliche Leitung: Kommando Fass beim Hund, oder ein Reiter weil er es eilig hat die Straße überquert obwohl der andere Verkehrsteilnehmer Vorfahrt hat
- Handeln auf eigene Gefahr in Verbindung mit einem besonderen Interesse ein Risiko zu übernehmen. Bspw. wenn ein unbedingt den gefährlichen Steiger korrigieren möchte, bei einer Fuchsjagt mitmacht oder der Reiter ein Pferd erheblich bspw. mit der Gerte straft und dieses in unvermittelt auf Grund der Schläge sofort abwirft
Wichtig ist zu betonen, dass es immer auf den konkreten Einzelfall ankommt.
Das Risiko des Tierhalters ist sehr groß, weil er auch für Schäden haftet, die er kaum oder gar nicht abwenden kann. Daher ist eine Tierhalterhaftpflichtversicherung auch dringend angeraten. Es handelt sich zwar um keine Pflichtversicherung wie beim Betrieb eines Kfz, dennoch ist diese Versicherung unverzichtbar. Schäden passieren oft blitzschnell und zudem kann die Höhe des eingetretenen Schadens auch sehr hoch, wenn nicht sogar existenzbedrohend sein. Bspw. bricht ein Unbefugter nachts in den ordnungsgemäß verschlossenen Stall ein und öffnet die Boxen und ein Pferd läuft auf die Schnellstraße. Hierdurch entsteht ein erheblicher Schaden. Nicht nur sehr teure Autos sind vollständig beschädigt, sondern mehrere Menschen verletzt, zwei davon mit gravierenden Folgeschäden (Behinderung und Pflege ein lebenslang) und ein Mensch stirbt.
Derartige Schäden gehen sehr schnell in den Millionenbereich und können von einem durchschnittlichen Tierhalter nicht selbst beglichen werden. Umso wichtiger ist eine gute Versicherung, die dieses finanzielle Risiko zumindest abdecken kann.
Je nachdem wie der Fall gelagert ist, kann auch ein Mitverschulden des Geschädigten in Betracht gezogen werden.
Wie wird der Schaden bemessen?
Bei der Schadensbemessung unterscheiden wir in materielle Schäden (bspw. beschädigtes Auto) und immaterielle Schäden (Schmerzensgeld). Das Schmerzensgeld stellt dabei die billige Entschädigung für erlittene Körperschäden und Schmerzen dar. Es hat eine Ausgleichsfunktion und eine Genugtuungsfunktion. Der Jurist orientiert sich hierbei an den vorhandenen Schmerzensgeldtabellen und bereits ergangener Entscheidungen.
Jasmin Lisa Himmelsbach, Rechtsanwältin
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