In Deutschland leben rund 900.000 Pferdehalter. Wer wollte es nicht, der Pferdemädchentraum ein Pferd direkt zuhause? Wohnen und Pferd in einem? Traum oder Horror? Was für den Einen etwas besonders tolles ist, kann für den Nachbarn einfach nur störend sein.
Unterschiedliche Haltungsformen haben stets alle Vor- und Nachteile. Vollpension und FullService, es wird sich gekümmert nur meist hat man wenig Mitspracherecht und ist an die betrieblichen Bedingungen gebunden und muss zum Pferd fahren.
Nicht wenige hegen den Wunsch nach der Haltung ihrer Pferde in Eigenregie am Wohnhaus:
➔ Doch unter welchen rechtlichen Vorschriften und Regularien ist die Errichtung eines Pferdestalles überhaupt möglich?
Es gibt vieles in rechtlicher Hinsicht zu beachten und man sollte sich zwingend vorab Gedanken machen und keinen Schwarzbau vollziehen.
Inhaltsverzeichnis
Welche rechtlichen Aspekte solltest du bei der Pferdehaltung im Wohngebiet unbedingt beachten?
Was sind Stallungen rechtlich gesehen?
Ein Stall ist eine bauliche Anlage. Der Begriff der baulichen Anlage ist nicht in § 29 BauGB (Baugesetzbuch) legaldefiniert, sondern bspw. in § 2 Abs. 1 der Landesbauordnung (BW). Dort heißt es: „bauliche Anlagen sind mit dem Erdboden verbundene, aus Baustoffen und Bauteilen hergestellte Anlagen“. Eine feste Verbindung ist hierfür nicht erforderlich, vielmehr reicht eine Verbindung kraft eigener Schwere. Es kommt zudem darauf an, on die Sache (zB fahrbare Anlage) überwiegend ortsfest benutzt wird und hierbei als Ersatz eines Gebäudes dient.
Wir merken uns die Stichworte „bauen“ + „bodenrechtliche Relevanz“.
Auch Weidehütten zählen hierunter, weshalb man sich stets vorab informieren sollte, bevor es zu Diskrepanzen mit der Behörde kommt.
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Darf ich nicht mit meinem Eigentum machen, was ich möchte?
Ausgehend von dem Rechtsgedanken des Art. 14 GG: Können wir nach Belieben mit einer Sache verfahren, die uns gehört. Grundsätzlich kann daher auch ein Grundstückseigentümer mit seinem Eigentum nach der in Art. 14 Abs.1 GG normierten Eigentumsfreiheit frei verfügen und nach Belieben nutzen. Aber ohne gewisse Regeln ist ein Zusammenleben schwierig, egal ob es sich eben um Grundstücke handelt oder sonstige Gegenstände, weshalb der Gesetzgeber der Bevölkerung gewisse Rahmenbedingungen vorschreibt.
Schranken als Einschränkung des Eigentums
Es gibt es daher gewissen Bestimmungen und Regeln, an welche sich die Bürger halten müssen, da ohne Regelungen ein friedliches Zusammenleben nicht möglich wäre. Inhalt und Schranken werden durch Gesetze bestimmt.
Der Staat, schränkt somit die Eigentumsfreiheit ein oder definiert diese anderweitig. Die Beschränkung einer Grundstücksnutzung durch einen Bebauungsplan stellt zB. eine solche Bestimmung dar. Es ist zusätzlich aber auch die städtebauliche Ordnung zu beachten, also auch die sichere und vor allem störungsfreie Nutzung zwischen den Bürgern, zu gewährleisten.
Es gibt unterschiedliche Planungsebenen des Bundes, der Länder und eben dem Kreis bzw. der Gemeinde zu beachten. Hierbei ist zudem neben baurechtlichen Vorschriften auch das Naturschutzrecht oder der Denkmalschutz wichtig.
Die Baurechtsbehörde kann im Einvernehmen mit der Gemeinde Ausnahmen von Festsetzungen des Bebauungsplans zulassen. Eine Befreiung stellt eine Abweichung von den Planungsvorstellungen der Gemeinde dar. Eine Befreiung ist grds. nicht zulässig, wenn die Grundzüge der Planung hierbei tangiert werden.
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Baurechtliche Voraussetzungen stets beachten
Mithin müssen wir die baurechtlichen Voraussetzungen beachten und hierbei ebenfalls konkretisieren, ob es sich um einen Neubau, eine Erweiterung, einen Umbau oder eine Nutzungsänderung handelt.
Kontakt zur Behörde pflegen
Versucht die Baurechtsbehörde so früh wie möglich in eure Ideen und Wünsche mit einzubeziehen und klärt ab, ob eine Pferdehaltung zulässig und das Vorhaben insgesamt genehmigungsfähig ist. Erkundigt euch über den geltenden Bebauungsplan, den Flächennutzungsplan und über Gemeindesatzungen. Beachtet zudem Aspekte und Beschränkungen aus der bestehenden oder geplanten Umgebungsbebauung.
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Im Baurecht unterscheidet man zwischen dem Bauplanungs- und Bauordnungsrecht. Ersteres ist Bundesrecht das Baugesetzbuch und die Baunutzungsverordnung. Hier ist geregelt, ob der Bau eines Stalles auf einem bestimmten Grundstück überhaupt zulässig ist.
Reitanlagen sind grds. Anlagen für sportliche Zwecke und können in allgemeinen Wohngebieten, besonderen Wohngebieten, Dorfgebieten, Mischgebieten, Kerngebieten und Gewerbegebieten zulässig sein, die Genehmigung hängt allerdings vom jeweiligen Gebietscharakter, Lage und Größe etc. ab. Reine Wohngebiete dienen vorwiegend nur dem Wohnen. In „Allgemeinen Wohngebieten“ sind neben Wohngebäuden z.B. verschiedene Anlagen möglich, beispielsweise für soziale oder kulturelle Zwecke.
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Ausgenommen hiervon können jedoch Fälle sein, in denen ein Pferdestall auf einem Grundstück errichtet wird, welches am Ortsrand dergestalt liegt, als dass es mehr der freien Landschaft als einem Wohngebiet zugerechnet werden kann – „mehr draußen als drinnen“, maßgeblich ist aber stets in jedem Fall eine Einzelfallbetrachtung. Daher gibt es auch unterschiedliche Ansatzpunkte und Bewertungskriterien.
Was ist mit der Beeinträchtigung von Nachbarn?
Geruchs- und Lärmbelästigungen durch Tiere (zB im Dorfgebiet) sind teils ortsüblich und hinzunehmen. Für die konkrete Beurteilung, ob Geruchs- und Lärmbelästigungen sich noch im Rahmen des Zumutbaren halten, ist auf Regelungen des Bundesimmissionsschutzgesetzes sowie auf die Geruchs-Immissionsschutzrichtlinie Bezug zu nehmen.
Gibt es einen Bebauungsplan?
Handelt es sich um ein Grundstück, in welchem kein Bebauungsplan vorhanden ist, das innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile liegt, gelten die Regeln für den nicht überplanten Innenbereich. Nach § 34 BauGB ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist, das Ortsbild nicht beeinträchtigt, sowie gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse gewahrt bleiben.
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Nachbarrechtliche Beziehung berücksichtigen
Das geplante Vorhaben muss auch die nachbarrechtliche Beziehung berücksichtigen, da Streitigkeiten sonst vorprogrammiert sind. Es ist sonst zu befürchten, dass sich der Nachbar wegen Immissionen – Geräusche, Gerüche, Staub und Fliegen beschwert. Hier könnte mit dem Nachbarn vorab eine notarielle Vereinbarung geschlossen werden (Grunddienstbarkeit). Dann muss der jeweilige Eigentümer des Nachbargrundstücks die etwaigen Immissionen dulden. Die Gegenleistung ist reine Verhandlungsbasis.
Mit manchen Nachbarn kann es schwer werden. Wer einen kleinen Stall an sein Wohnhaus anbaut oder ein vorhandenes Gebäude umfunktionieren möchte hat es daher nicht immer einfach. Oft wird sodann das Gebot der Rücksichtnahme vorgetragen, was leider auch schon dazu führte, dass die Pferdehaltung wieder beseitigt werden musste.
Fazit zum Thema Pferdehaltung in Wohngebieten
Wichtig ist immer konkret den Einzelfall zu bewerten und zu beurteilen, weshalb auch hier keine generelle Anleitung vorliegend erfolgen kann. Pflegt eine gute Nachbarschaft, das ist stets anzuraten und kann unnötige Streitereien vermeiden. Kümmert euch zunächst um die generelle Zulässigkeit des Vorhabens und erreichtet nicht vorschnell ohne Zusammenwirken mit der Baurechtsbehörde einen Stall. Bauen ohne Baugenehmigung kann auch weitergehende Folgen mit sich bringen. Nur sehr selten und im Ausnahmefall werden diese Zustände geduldet. Neben dem Abriss kann die Bauaufsichtsbehörde weitere Sanktionen anordnen, wenn ein sogenannter Schwarzbau aufgedeckt wurde. Es kann zum Erlass einer Geldbuße kommen. Das Bauprodukt kann außerdem beschlagnahmt werden. Weiterhin liegt es in der Macht der Behörde, eine Stilllegungsverfügung und eine Nutzungsuntersagung auszusprechen. Das Bauen ohne Genehmigung ist also unbedingt zu vermeiden.
Wenn du noch Fragen zu diesem speziellen Thema hast, hinterlasse gerne einen Kommentar.
Jasmin Lisa Himmelsbach, Rechtsanwältin
Meine Website: http://rae-himmelsbach.de/
Meine E-Mail: jlh@rae-himmelsbach.de
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Wir wollen einen Pferdestall errichten. Schön zu erfahren, dass es hier eine Menge an baurechtliche Voraussetzungen gibt. Diese werde ich mir genau durchlesen.