Du weißt es schon, Hundebegegnungen sind ein komplexes Thema und es scheint kaum möglich in einem Text alle wichtigen Aspekte wie Training, eigenes Verhalten, auch Kontrolle … umfassend zu beleuchten. Deshalb haben wir den Fokus in diesem Ratgeber auf die, Hunden zu eigene Sprache und damit auf das für dich so wichtige Lesen der Körpersprache deines Hundes gelegt. Beginnst du deinen Hund zu lesen, verstehst du nämlich, was in einer Begegnung zwischen Hunden „gesprochen“ wird. Mit diesem Wissen kannst du deinen Vierbeiner in Hundebegegnungen kompetent unterstützen, damit euch solche künftig leichter von der Hand gehen.
Inhaltsverzeichnis
Menschliche Verantwortung liegt darin, Hunde und ihre Begegnungen untereinander zu verstehen
Schonmal gehört? In Hundebegegnungen, also dem Treffen zweier Hunde, beispielsweise auf ihren Gassi-Runden, ist es das A und O feinste Körpersignale und Bewegungen des Gegenübers zu lesen. Auf diese Weise wissen die Hunde genau, was oder wer auf sie zukommt. Sie kommunizieren meist nonverbal und es ist in keinem Fall zufällig, wenn ihre Blicke einander treffen – oder eben nicht. Laufen beispielsweise Hunde frontal aufeinander zu, kannst du sicher sein, dass in einem Direktkontakt Konflikte entstehen. Hier kann dir helfen, deinen Hund zu lesen, seine Körpersprache für dich zu entschlüsseln. Wir haben mit Christiane Jacobs über Hundebegegnungen gesprochen, die im Jahr 2018 ihr Projekt „Sprich Hund“ ins Leben rief und als Hundeverhaltensberaterin seitdem Menschen darin unterstützt, die Sprache ihrer Hunde zu verstehen. Sie sagt dazu: „Es ist ein bisschen wie ein Puzzle, seinen Hund lesen zu lernen, weil kleinste Hinweise und subtile Anzeichen, eben eine feine Kommunikation in vielen Aspekten der Körpersprache erst die gesamte Situation erkennen lassen“.
Nimmt man in der Körpersprache von Hunden bereits im Vorfeld Konfliktpotential wahr, muss eine direkte Hundebegegnung erst gar nicht stattfinden. Distanz ist hier das Zauberwort. Wichtig ist vor allem, den eigenen Hund lesen zu lernen, denn er ist es, der in allen erdenklichen Situationen unterstützt werden, auch geschützt oder zurückhalten werden sollte. „Kann ich meinen eigenen Hund lesen, dann kann ich auch relativ gut in Hundebegegnungen einschätzen, was das Gegenüber sagt. Da gibt es ein paar Schlagzeilen, die ich mir ansehe – Blickkontakt, Körperachse, Stresslevel – und das reicht eigentlich schon, um einschätzen zu können, ob ich die Hunde in den Direktkontakt gehen lasse oder nicht“. Christiane Jacobs findet es natürlich und wichtig, den eigenen Hund lesen zu können. „Das ermöglicht mir, ihn zu verstehen. Zeigt er beispielsweise Meideverhalten, möchte ich nicht, dass er bis zum Bellen gehen muss, also sehr deutlich werden muss, damit ich ihn verstehe“.
Was sagt mir ein Blickkontakt in einer Hundebegegnung denn jetzt?
Beobachtest du nun den Blickkontakt, der in einer Begegnung zwischen Hunden stattfindet, gilt hierfür grundsätzlich die Regel: Je weniger direkten oder anhaltenden Blickkontakt die Hunde zueinander aufnehmen, umso einfacher ist die Begegnung zu erwarten. Doch wisse: Bei kurzem Blickkontakt im Vorfeld muss ein Direktkontakt nicht zwangsläufig entspannt ablaufen. Ausnahmen bestätigen eben die Regel. Jedenfalls ist die Zeitspanne, in der ein Blick wieder abgewendet werden sollte, wirklich kurz. Länger als zwei Sekunden reichen schon aus, damit ein angesehener Hund Unbehagen empfindet. Doch kann es gut sein, dass der schauende Hund einfach nur Abstand wünscht. Je länger dieser Blickkontakt aber dauert, desto weniger ist eine entspannte Hundebegegnung zu erwarten. Und mach dir bewusst, dass auch bei. Allerdings stehen die Chancen dafür aber gut. Was du hier tun kannst: Versuche deinen Hund aus diesem Kontakt herauszunehmen, sodass er den Blick abwenden kann. Je mehr Distanz zwischen den beiden Hunden ist, desto besser.
Video zum Blickkontakt von Hunden:
Ist nämlich zusätzlich zum direkten Blickkontakt auch eine frontale Ausrichtung der Körperachse bei einem der Hunde gegeben, heißt es für den anderen definitiv „stopp, geh nicht weiter“. Das gleiche kann gelten, wird ein Mensch auf diese Weise betrachtet. Handelt es sich hierbei nicht um die Bezugsperson, ist die sicherste Reaktion des Menschen, nicht weiter auf den Hund zuzugehen, sondern aus der Situation durch abwenden beispielsweise herauszugehen. Merke dir hierbei: Der direkte Blickkontakt ist meist die Bitte nach Abstand. Das gilt natürlich nicht, wenn du die Bezugsperson dieses Hunds bist. Intensiver Blickkontakt bezieht sich hier oft auf eine gewünschte Handlung, die der Hund von dir erwartet. Doch oft, bedeutet natürlich nicht immer. Befindet ihr euch in einer Situation, in welcher dein Hund echte Distanz aufbauen möchte oder deinen Rückzug wünscht – beispielsweise bei der Fellpflege oder anderen Behandlungen – nimm die Bitte deines Hundes nach einem Stopp ernst, ohne seine Bedürfnisse zu übergehen. So schaffst du Verständnis und Zutrauen.
Welche Ausrichtung von Körperachsen gibt es noch und was bedeuten sie?
Die frontale Ausrichtung der Körperachse ist nur eine von fünf bedeutenden Ausrichtungen. Während einer Begegnung oder Annäherung zweier Hunde sagen alle Körperachsen unterschiedliches darüber aus, wie eine Begegnung ablaufen wird.
Hier die fünf Stellungen inklusive der enthaltenen Informationen:
- Frontale Ausrichtung – ist die konfliktreichste Begegnung, da die Hunde bedrohlich mit direktem Blickkontakt aufeinander zukommen. Achte darauf, dass du deinen Hund nicht in solch schwierige Situationen hineinmanövrierst, indem du ihn an der Leine geradewegs auf andere Hunde zuführst.
- Frontal versetzte Ausrichtung – aufeinander zukommend, aber aneinander vorbei schauend, kann der direkte Blickkontakt vermieden werden, indem beispielsweise am Wegrand geschnüffelt wird. Das entspannt beide Hunde.
- Parallele Ausrichtung – erstaunlicherweise wird die parallele Ausrichtung, in der beide Hunde in die gleiche Richtung laufen, als die leichteste Annäherung gesehen, sofern sich der vordere Hund nicht über den von hinten im Blickfeld erscheinenden anderen erschreckt. Zudem muss der von hinten vorbei laufende Hund natürlich entspannt und freundlich daher kommen.
- Antiparallele Ausrichtung – kann nur in Bewegung entstehen, wenn die Hunde aneinander vorbei laufen, sich aber dennoch am Po beschnüffeln wollen. Bleiben sie dabei in Bewegung, kreiseln sie oft umeinander. Hierbei ist Anspannung möglich.
- T-Stellung – der Hund läuft rechtwinklig auf die Rumpfseite des anderen Hundes zu. Dabei kann es zum Aufreiten kommen, womit der sich nähernde Hund eine Bewegungseinschränkung des andere erreichen will. Eine weitere Variante ist, dass ein Hund quer vor den anderen läuft, um ihn zu stoppen. Auch das dient natürlich der Bewegungseinschränkung und wird nicht als entspannte oder freundliche Begegnung betrachtet.
Video zur Ausrichtung von Körperachsen:
Wie erkenne ich denn, dass ein Hund gestresst ist?
Die meisten Stressreaktionen eines Hunde sind Hundehaltern als solche nicht unbedingt bekannt, dabei sind es ganz wichtige Signale deines Hundes. Da wäre zum Beispiel das Aufstellen der Rückenhaare. Macht es dir vielleicht Angst, wenn ein Hund seine Rückenhaare aufstellt und wie angewurzelt stehenbleibt? Vermutest Du ein aggressives Verhalten dahinter? Das könnte ein großer Irrtum sein: Denn auch der Hund hat in diesem Moment möglicherweise einfach nur Angst. Und seine Rückenhaare kann er nicht willentlich aufstellen. Das ist ein Reaktion auf eine innere Erregung, die nicht steuerbar ist. An aufgestellten Rückenhaaren erkennst du beispielsweise, dass dein Hund Anspannung und Stress ausdrückt, was nicht auf ein bedrohliches Verhalten seinerseits hindeuten muss, sondern eher darauf, dass ihn etwas stresst, überrascht hat, ihn ängstigt oder verunsichert. Und aufgestellte Rückenhaare sind nur eines von vielen Stressanzeichen.
Weitere Stressanzeichen eines Hundes können sein:
- ein angespannter Körper mit durchgedrückten Beinen und steif wirkendem Gang, auch langsame Bewegungen
- der Hund friert in seiner Position förmlich ein und steht starr
- eine nach unten hängende Rute
- wenn ein Hund beginnt, zu niesen, zu gähnen, sich zu kratzen oder am ganzen Körper zittert
- ein angehobener Kopf mit Ohren, die nach hinten gestellt sind und zusammengekniffenen, schlitzförmigen Augen
- Hecheln, wenn etwas geschieht, was der Hund nicht wünscht (Hecheln kann aber auch Schmerz, wie Bauchweh, bedeuten, mit dem der Hund beschäftigt ist und ist ebenso für die Thermoregulierung zuständig – dann mit (weit) heraushängender Zunge)
- ein geöffnetes Maul mit Speichelfluss
- als sehr feine Details kommen zum geöffneten Maul nach hinten gezogene, spitze Mundwinkel und Muskelwülste an den Lefzen hinzu
- Schweißpfoten, ausgeschachteter Penis, urinieren/markieren
- Übersprungshandlungen wie Wälzen, am Wegrand rumknabbern und vieles mehr, wenn der Hund das, was gerade angemessen wäre, nicht tun kann, weil er beispielsweise an der Leine ist – einem anderen Hund nicht aus dem Weg gehen kann. Auch Aufreiten am Hosenbein des Meschen kann dazugehören
Dabei können Hunde auch ein Stressgesicht zeigen. Hierbei sind beispielsweise die Ohren nach hinten und oben gelegt. Die Gesichtsmuskulatur ist angespannt, auch die Zunge hat Spannung, während der Hund hechelnd den Kopf hin und her bewegen könnte. Die Pupillen der Augen sind meist geweitet und oft ist das Weiße im Auge erkennbar. Je nach Hunderasse kannst du auch Muskelwülste hinter den spitz zulaufenden Mundwinkeln in einem Stressgesicht erkennen. Aber wisse: Nicht alle Anzeichen müssen auf einmal erkennbar sein. Außerdem ist je nach Rasse nicht jedes dieser Signale erkennbar.
Wie wirke ich nun auf meinen Hund ein, wenn ich eine Situation entspannen möchte?
Deinen Hund praktisch zu unterstützen, damit seine Reaktionen wieder bewusst, angemessen und harmlos ablaufen können, um Hundebegegnungen selbst zu meistern, bedarf eines entscheidenden Wissens: „Wichtig ist es, die Wohlfühldistanz des Hundes zu kennen“, sagt Christiane Jacobs, von „Sprich Hund“. Mit seiner Körpersprache zeigt der Hund nämlich deutlich an, in welcher Distanz er sich zum anderen Hund hin noch entspannen kann. „Zuvor ist es aber wichtig, genau hierfür Signale aufzubauen, beispielsweise dem Hund im entspannten Training ohne andere Hunde beizubringen, einen Bogen zu laufen. In echten Hundebegegnungen kann ein von mir gesetztes Markersignal den Hund dann punktgenau in dem unterstützen, was er tut – beziehungsweise sein Verhalten unterbrechen. So kann ich den Hund im Bogenlaufen beispielsweise darin bestärken, den Blick vom anderen Hund abzuwenden“, beschreibt die Hundeverhaltensberaterin mit weitrechenden Weiterbildungen ihr Einwirken.
Um erwünschtes Verhalten zu trainieren, müssen also Signale aufgebaut werden. „Es braucht bis zu 1.000 Wiederholungen bis so ein Signal wirklich gut sitzt und in allen Situationen abrufbar ist. Denn in einer Hundebegegnung muss ein Hund immer für seinen Halter ansprechbar bleiben. Die hohe Wiederholungszahl muss nicht unbedingt sein, dennoch hilft sie dem Hund, das Signal auch in extrem schwierigen Momenten, in denen er hochgradig gestresst ist, sicher auszuführen.“
In diesem Video erhältst du einen kurzen Einblick in die Arbeit mit Signalen:
Und wie reagiere ich am besten, wenn andere Hunde auf uns zukommen?
Das kommt natürlich auf die Situation an. Kommt ein freilaufender Hund auf euch zu, ist es erst einmal wichtig, nicht in Panik zu verfallen, denn dein Hund könnte dich als kompetenten Ansprechpartner brauchen. Wenn du also schon im Vorfeld weißt, dass dein vierbeiniger Gefährte diese Hundebegegnung nicht entspannt meistert und vielleicht sogar ein automatisches Programm abspult, in seiner Angst dabei gefangen ist, solltest du so gut es eben geht, den fremden Hund lesen. Schau, wie er reagiert, fange ihn bewusst ab und sprich ihn an. Unterbreche freundlich, was von fremden Hund an stürmischen Aktionen auf deinen eigenen Hund zukommt. Lass den Fremden an deiner Leckerli Tasche schnuppern und versuche, zwischen die Hunde zu kommen, um die Situation zu entspannen. Zur Not – sofern dein Hund nicht zu groß ist – kannst du ihn auf den Arm nehmen, sobald er es nicht mehr allein geregelt bekommt. Bedenke aber immer, dass diese Handlung beim Gegenüber Frust auslösen kann und den Fremdhund möglicherweise motiviert, dich anzuspringen.
Hierzu ein anschauliches Video zum Drohverhalten in einer Hundebegegnung:
Leichter wird es in angeleinten Hundebegegnungen oder solchen, die eine werden könnten. „Siehst du im Vorfeld schon Drohverhalten bei einem von beiden Hunden, würde ich sagen, die Situation macht für einen Direktkontakt keinen Sinn und das kommuniziere ich dann auch dem anderen Hundehalter“. Christiane Jacobs weist diesbezüglich darauf hin, dass die sogenannte Leinenaggression meist aus Frust und Lernerfahrung entsteht und eine der Strategien ist, die Hunde wählen, um Abstand zum Gegenüber zu bekommen.
Das ist überhaupt ein Aspekt, warum Hundebegegnungen kompliziert werden können: Die Leine. Wird ein Hund an der Leine weitergezogen, was eine stramme Leine voraussetzt, wird es für den Hund unangenehm. Du selbst hast wahrscheinlich Angst, ziehst deinen Hund weiter, weil du aus der Situation heraus willst, aber deinem Hund könnte dieses Leinengezerre wirklich weh tun, ja sogar Ängste oder Aggressionen in ihm auslösen. All das verknüpft er dann häufig mit der Situation, in der er sich befindet – der Hundebegegnung eben. Da entsteht ein Teufelskreis: Du willst fliehen aufgrund deiner Angst, machst es damit aber nicht besser, sondern erschaffst ganz im Gegenteil ein unangenehmes Gefühl in deinem Hund, welcher dieses auf die Hundebegegnung bezieht. Puh. Um das zu verhindern, sollte Leinenführigkeit so geübt werden, dass die Leine immer locker hängen kann. Auch das gehört also zum Hundetraining. Christiane Jacobs weiß, wenn sie ihren Hund „Knicka“ an der Leine sichern muss, dass auf eine negative Verknüpfung gut zehn positive Begegnungen folgen müssen, um das Erlebte aufzulösen und eine neue Konditionierung zu setzen. Diese schafft sie mit genügend Distanz in der Begegnung zu anderen Hunden, in der sich ihr Hund frei bewegen kann, von allein herunterfährt (wenn nötig) und ein erwünschtes Verhalten zeigt, weil er sich einfach wohl fühlt. Der häufigste Fehler in Begegnungen mit anderen Hunden ist also meist die fehlende Distanz, die dann wiederum die Leine bedingen kann …
Gibt es noch weitere Körpersignale mit denen Hunde kommunizieren?
Die gibt es. Die weiter oben beschriebenen Kommunikationselemente wie Blickkontakt, Körperachsen zueinander und das Stresslevel der Hunde sind gute erste Schritte in einer Hundebegegnung. Wenn du tiefgreifender verstehen möchtest, wie emotional sich ein Zusammentreffen zwischen zweien dieser Vierbeiner anbahnen kann, gibt es weit mehr Signale, die du lesen kannst. Dabei gibt es für dich eine ganze Menge wahrzunehmen, denn es passiert unglaublich viel, sobald sich Hunde begegnen. Doch zeigen Hunde nicht immer alle Signale auf einmal, sondern es kommt auf die Situation an und das, was sie kommunizieren wollen.
Weitere Körpersignale, die von Hunden verwendet werden, sind beispielsweise:
- die eigene Nase abschlecken
- Bellen, Gähnen, Fletschen/Zähne zeigen
- veränderte Ohrstellung
- angehobene Vorderpfote
- Rücken aufwölben
- Rutenstellung gehoben, abgesenkt oder wedelnd
- erhöhte Körperspannung
- Schütteln des ganzen Körpers
- starr werden/einfrieren aller Körperbewegungen mit Augen auf einen Punkt gerichtet
- ein veränderter Körperschwerpunkt mit Gewichtsverlagerung nach vorne, hinten oder zur Seite
- Vorderkörpertiefstellung
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Hier das Körpersprache 1×1 als Video-Zusammenfassung:
Welche Signale geben Hunde, wenn sie wirklich nur spielen wollen?
Spannend sind auch die Körperbewegungen, die Hunde zeigen, wenn sie wirklich nur spielen wollen. Diese unterscheiden sich von anderen Bewegungen maßgeblich durch einen wirklich lockeren und entspannten Hundekörper. Weiche und fließende Bewegungen mit entspannter, lockerer Körperhaltung gehören dazu. Die Vorderkörpertiefstellung mit Ellbogen auf dem Boden und der Rute in die Richtung unterhalb der Rückenlinie wird meist mit einem freundlichen Gesicht und nach hinten zeigenden Ohren verbunden.
Aber Achtung, eine Vorderkörpertiefstellung kann verschiedenes bedeuten. „Dazu heißt es in Fremd-Hundebegegnungen dann oft, „ach, der will doch nur spielen“, aber in Wahrheit steckt meist ein sogenanntes Fiddeln dahinter, was eine Reaktion auf eine Bedrohung ist“, weiß die Hundeverhaltensberaterin. Mit dieser Vorderkörpertiefstellung wählt der Hund dann eine Strategie, um etwas flapsig zu versuchen, sein Gegenüber zu beschwichtigen. Es ist eine Übersprungshandlung mit viel Anspannung im Körper, ganz im Gegensatz einer Vorderkörpertiefstellung beim Spielen.
So nutzt der Hund im Grunde mehrere Varianten der Vorderkörpertiefstellung, um völlig verschiedene Informationen zu kommunizieren:

Die Vorderkörpertiefstellung beim Fiddeln (oben), als Spielaufforderung (Mitte) und Jagd-Einleitung (unten).
Das Fiddeln enthält etwas unbeholfenes Rumgehopse, mal nur angedeutete Bewegungen, mal viel Rennerei, um Anspannung abzubauen, denn diese ist im Körper hoch. Oft sind auch die Ohren abgeklappt. In der Vorderkörpertiefstellung selbst liegen die Vorderbeine/Ellenbogen nicht tief am Boden und das Maul ist eher geschlossen. Manchmal wird gegähnt, aber der Kopf ist zur Beschwichtigung immer abgewandt. Ein Hund sagt mit all dem „Ich bin harmlos“.
In der echten Spielaufforderung hat ein Hund einen offenen, kecken und auffordernden Blick. Auch hier ist der Kopf abgewandt, denn es soll ja keine Bedrohung stattfinden. Sein Maul ist geöffnet, die Lefzenwinkel nach hinten gezogen. Die Ohren sind ebenfalls nach hinten gerichtet, die Ellenbogen liegen flach am Boden mit V-förmig geöffneten Unterarmen und die Rute wird unterhalb der Rückenlinie getragen. Insgesamt kannst du hier eine ganz kurvige, fließende Körperbewegung beim Hund wahrnehmen, die keinerlei Spannung enthält. So sagt ein Hund zum anderen einfach nur: „Spiel mit mir“.
Als Einleitung zur Jagd wird ein Hund in Vorderkörpertiefstellung geradlinig wie ein Pfeil sein Gegenüber fixieren. Mit gerade gerichtetem Kopf und Blick, gerader Rückenlinie und hoch, über der Wirbelsäule aufgerichteter Rute. Die Ohren stehen aufrecht und nach vorne. Die Hinterbeine sind gestreckt, dennoch zeigt er die Vorderkörpertiefstellung mit Ellenbogen, die am Boden liegen. Allerdings parallel zueinander ausgerichtet, nicht nach vorne öffnend, wie beim Spiel. Hiermit sagt er deutlich „Du bist Beute, ich jage dich jetzt“.
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Weitere bedrohliche Elemente zeigen sich durch jagdliches Lauern, auflegen der Pfote auf Kopf oder im Rückenbereich, Hochkampfstellung (meist von beiden). Achte auf Pausen im Spiel und darauf, ob das Tempo höher wird und das Speil eventuell umschlagen kann. Wobei Rollenwechsel vom Jagenden und Gejagtem ganz natürlich sind. Stressanzeichen sind auch hier ein Hecheln, Kratzen, Schütteln, auch Herumhopsen kann dazugehören oder die Vorderkörpertiefstellung in Anspannung.
Kommt der Hund aus dem Spiel zu dir zurück und sucht Schutz, ist es sehr wichtig, ihm diesen Schutz auch zu gewähren, anstatt ihn der Situation erneut auszusetzen, damit er das alleine regelt. Das kann beispielsweise bedeuten, dass ihr den „Spiel“platz einfach verlasst. Denn es allein Regeln zu müssen, kann auf Dauer heftige Reaktionen deines Hundes hervorrufen, wenn er beispielsweise beginnt, andere Hunde zu verbellen oder auf sie zuzuschießen, um zu verdeutlichen, euer Spiel ist mir zu wild.
So zeigt sich unfreundliches Verhalten eines anderen Hundes: Anpirschen, Lauern, Drohverhalten, Anschleichen – und alles ist Kommunikation. Auch über Aufregung kann unhöfliches Verhalten entstehen.
Verstehen eigentlich alle Hunderassen die Körpersprache in Hundebegegnungen gleichermaßen gut?
Nun ja, es können durchaus Missverständnisse zwischen Hunden entstehen, die nicht der gleichen Hunderasse angehören. Das liegt einfach am jeweiligen Erscheinungsbild. Hier ist eine gute Sozialisierung wichtig, denn viele Missverständnisse entstehen zwischen Hunden tatsächlich aufgrund verschiedener Rassemerkmale: Stehende Ohren anstelle der Schlappohren des Cocker Spaniels sowie lange oder sehr kurze Schnauzen wie die eines Shih Tzu und Pekingesen bringen eine völlig andere Mimik hervor. Geringelte Ruten, die sich im Gegensatz zu Sichelruten nicht so aufrichten, lockiges Fell, welches sich nicht stellt, langhaariges Fell mit völlig versteckten Gesichtern wie beispielsweise beim Lhasa Apso ohne Erkennung von Gesichtszügen, oder die großen, fast schon hervorstehende Augen eines Chihuahua können ein Gegenüber mit anderer Rassezugehörigkeit irritieren, da die Körpersprache sich anders ausdrückt. Das kann zu Missverständnissen zwischen den Hunden führen.
Ein Hund kann andere Hunderassen also nur richtig einschätzen, indem du ihm die Möglichkeit gibst, diese auch kennenzulernen. Wir sprechen hier von einer guten Sozialisierung unter allen möglichen Hunden. Doch aufgepasst: Bist du beispielsweise mit deinem Welpen unterwegs und es kommt euch ein drohender Hund entgegen, solltest du allein aufgrund deines Wunsches nach Sozialisierung des kleinen Schatzes den Dingen nicht ihren freien Lauf lassen. Das könnte nach hinten losgehen, denn etwas schlechtes zu lernen, hilft deinem Welpen nicht. Christiane Jacobs erklärt dazu: „Eine gute Sozialisierung setzt voraus, dass der Hund positive Erfahrungen sammelt. Darauf wird leider selten geachtet und es ist eine Katastrophe, wenn in Welpengruppen die jungen Hunde übereinander herfallen. Sobald der Mensch nicht sieht, dass beispielsweise Überforderung stattfindet oder ein erhöhtes Stressaufkommen den Hund gerade prägt, werden hier bereits die ersten negativen Erfahrungen gelegt.“
Im Grunde muss also auch dein Hund andere Hunderassen erst einmal lesen lernen, was euch gemeinsam auf den Weg bringt. Hier findest du ein schönes Video, um die Interaktion zwischen Hunde lesen zu lernen. Anhand eines Beispiels zweier Welpen, die sich gerade erst kennenlernen, erklärt Christiane Jacobs, wie „Ami“ und „Scotty“ agieren:
Allerdings muss nicht jedem Hund auf einem Spaziergang „Hallo“ gesagt werden. „Es sollte immer passen, wenn sich Hunde begegnen, aber ich sehe schon viele Hunde, die gerne mal Kontakt haben mit anderen Hunden. Beispielsweise wenn einem das andere Geschlecht begegnet. Deshalb sind soziale Kontakt wichtig, wenngleich sie typabhängig sind. Ein Hund, der lieber mit seinem Menschen interagiert und keine anderen Hunde braucht, sollte diese Variante auch leben dürfen.“
Bei ihrem Hund „Knicka“ konnte Frau Jacobs beobachten, dass je sicherer er sich in Hundebegegnungen fühlte, desto lieber ließ er sich darauf ein. Anfangs war er wohl sehr unsicher und fand Hundebegegnungen doof, bis irgendwann die Wende kam und er sich traute: „Es war für ihn, wie bei uns Menschen, einfach Erfahrungssache. „Knicka“ hat erlebt, dass er Hundebegegnungen händeln kann. Und das ist ein ganz wichtiger Punkt“, weiß seine Hundehalterin. „Ich kann ihn unterstützen und ich kann ihm durchs Training auch Strategien an die Pfote geben, wie er – so wie ich es mir vorstelle – mit den Situationen umgehen kann. Aber, mein Ziel ist es immer, dass Hunde die Situation selbst meistern. Also auch die Möglichkeit nutzen, ihre eigenen Strategien zu entwickeln, eben gute Ideen zu haben, wie sie eigenständig durch die Situation kommen.“ So wird ein Hund selbstsicher und kann sich gut entwickeln.
Um mutig zu werden, was grundsätzlich im Leben wichtig ist und nichts mit Gewalt oder Aggression zu tun hat, gibt es beispielsweise ein Modul namens „jetzt werde ich mutig“ im „Sprich Hund Club“ (sprichhund.de/sprich-hund-club/). Darin gibt es Übungen für Hunde, um mutiger zu werden. „Das Teilnehmerfeedback bringt immer wieder hervor, wie stolz Hunde werden und beginnen, über sich selbst hinauszuwachsen. Es tut ihnen so gut und bestärkt sie im Leben“, sagt Christiane Jacobs dazu.
Abschließend noch ein paar Fallen, in die du hineintappen kannst, wenn du die Sprache deines Hundes interpretierst
Hundesprache ist eine sehr komplexe Sprache. Was sie besonders schwer für den Menschen macht, sind eigene Wertungen, die schnell aus der Schublade geholt werden. Da heißt es beim Wedeln mit dem Schwanz – „schau mal der freut sich“. Doch das Wedeln mit der Rute bedeutet nicht unbedingt Freude, sondern erst einmal nur Erregung. Wedeln inklusive tiefem Hundegebell kann sogar Bedrohung ausdrücken. Hier lauern für dich die ersten Fallen.
Widersprüchliche Körpersprache entsteht beim Hund nämlich dann, wenn er in einem Konflikt steht. Das wird besonders deutlich, wenn ein Hund beispielsweise beginnt, ein Stofftier oder gar das Bein seines Menschen zu rammeln. Weder als Dominanzverhalten noch Sexualverhalten, was einer menschlichen Wertung entsprechen würde, baut ein Hund hier meist nur entstandenen Stress ab. Dieses Verhalten kann auf Aufregung hindeuten und gleichzeitig auch eine Übersprungshandlung sein, weil Überforderung entsteht.
Christiane Jacobs hat hierzu eine klare Linie und mahnt: „Wenn du beginnst, deinen Hund zu lesen, was auf gewisse Weise natürlich eine Interpretation seiner Bewegungen und seines Ausdrucks sein kann, ist es immer wichtig, dir bewusst zu machen, dass du falsch liegen kannst. Wähle dann die Variante, in der dein Hund nicht abgewertet wird – so nach dem Motto, der verarscht mich oder führt mich vor. Betrachte die Situation neutral und erkennen viel mehr, dass dein Hund möglicherweise ein Problem mit der Situation hat, bei dem du ihm Hilfestellung geben kannst“. Sie hat ihren Fokus gewechselt. Nachdem sie zuvor, wie viele anderen Menschen auch, sah, was Hunde falsch machen, achtet sie nun darauf, was ein Hund, speziell natürlich ihr Hund „Knicka“, alles richtig macht. Daneben gibt es für sie die Momente, die Hunde nicht meistern können, die zu schwer sind, was aber vollkommen außerhalb jeder Wertung liegt.
Fazit
Ganz egal, wie viel du schon in Hundeschulen gelernt hast: Solange du die Sprache, die dein Hund von Natur aus spricht, nicht lesen lernst, wird die Kommunikation zwischen dir und ihm, besonders natürlich auch die Kommunikation zwischen deinem Hund und seinen Artgenossen ein Rätsel für dich bleiben. Dieses Rätsel zu lösen ist nicht nur ein Schlüssel in eurer Kommunikation, sondern kann für euch beide zu entspannteren Hundebegegnungen führen. Denn, sobald du deinen Hund liest und dabei seine Körpersprache wahrnimmst, wirst du erkennen, wenn eine Hundebegegnung für ihn grenzwertig wird. So gewinnst du Verständnis für Hundebegegnungen, speziell natürlich für deinen eigenen Vierbeiner, und bringst euer Hundetraining auf ein neues Level.

Christiane Jacobs mit Knicka.
Fachliche Qualitätsprüfung: Der Inhalt dieses Textes wurde von der Expertin Christiane Jacobs geprüft, um höchste Qualitätsstandards zu gewährleisten.
Christiane Jacobs wurde durch ihren Kleinpudel „Knicka“ zur „Hundeversteherin“. Nachdem dieser kleine Rüde im Jahr 2012 als Welpe in Christianes – bis dahin hundeloses – Leben kam, wandelte sich alles, denn obwohl sie während seiner Erziehung alles richtig machen und „Knicka“ am liebsten verstehen wollte, lief vieles nicht rund. Über einige Umwege und genügend schlechte Lernerfahrungen, ein hohes Stressaufkommen für „Knicka“ und Christianes Erkenntnis darüber, dass ihr Nichtverstehen „Knicka“ auch gesundheitlich zu schaffen machte, war der Grundstein gelegt: Sie machte sich daran, die Körpersprache der Hunde zu lernen. Am liebsten bei Gerrit Stephan, der auch heute noch Christianes bevorzugter Trainer ist.
Doch hat sie neben ihrer knapp zweijährigen Ausbildung „Psychologie Hund mit Spezialisierung auf Hundeverhaltensberatung“ zur Hundeverhaltensberaterin an der Akademie für Tiernaturheilkunde (ATN) viele Seminare und Weiterbildungen auch anderer Trainer besucht. Aus einer sehr umfangreichen Liste, die sich nach wie vor füllt, beispielsweise diese: „Hunde lesen lernen – sehen, was Hunde sagen: Vom Verstehen zum Verständnis“ bei Mirjam Cordt, „Jugendentwicklung … wenn Erwartungen, Hoffnung und Realität kollidieren“ bei Dr. Ute Blaschke-Berthold, „Frozen Dogs – Gehemmte Hunde“ bei Maria Hense, „Persönlichkeitsentwicklung bei Hunden, Teil 1 + 2“ bei Dr. Stefanie Riemer, „Wie Rhythmusspiele im Training von reaktiven Hunden ganz neue Möglichkeiten bieten“ bei Nadine Hehli und Simone Fasel, und noch viele, viele mehr.
Im Jahr 2018 führte all das zum Projekt „Sprich Hund“, welches Christiane Jacobs gründete, um jedem Hundehalter einfach und verständlich die Möglichkeit zu bieten, sich mit der Körpersprache von Hunden vertraut zu machen. Neben der umfassenden Website sprichhund.de, gibt es zudem die Facebook-Gruppe Sprich Hund – Lerne HÜNDISCH. In diesem Rahmen wird sogar das Analysieren der Körpersprache gemeinsam geübt. Zudem können hier Fragen zu Inhalten der Website gestellt werden, auf der es mittlerweile neben der Körpersprache von Hunden auch um Lernverhalten und Hintergrundwissen zum vierbeinigen Freund geht.
Quellen:
sprichhund.de/
youtube.com/@SprichHund/videos
Bildquellen:
© Stallbedarf24
Pixabay © Surprising_Media
Christiane Jacobs privat