Obwohl es seit ein paar tausend Jahren gängig ist, Pferden zum Reiten Gebisse ins Maul zu schnallen, machen sich viele Reiter auch heute noch keine großen Gedanken darüber, ob das benutzte Gebiss dem Pferd auch wirklich passt. In diesem Ratgeber beleuchten wir die verschiedenen Gebissarten. Wir klären Fragen wie: Welche Form, welches Material und welche Metall-Legierung wirkt wie aufs Pferd. Welche Gebissstärke und -weite ist die richtige und was ist erlaubt beziehungsweise sinnvoll.
Inhaltsverzeichnis
Warum ist die Wahl des richtigen Gebisses von so großer Bedeutung?
Die Wahl des richtigen Gebisses ist bedeutend, weil es zum einen deinem Pferd Unbehagen und Schmerz erspart, zum anderen aber auch die Kommunikation zwischen deiner reiterlichen Hand und dem Pferdemaul verbessert, wenn nicht sogar erst maulfreundlich möglich macht. Dir muss bewusst sein, dass ein von Unbehagen im Maul oder gar Schmerzen gepeinigtes Pferd versuchen wird, dem Druck, dem Schmerz, ganz einfach, der reiterlichen Einwirkung durch Verwerfen des Kopfes, Festbeißen auf dem Gebiss, aufgerissenem Maul und anderen Schadensbegrenzungstechniken auszuweichen. Und das mit Recht.
Ein simples Beispiel: Stell dir vor, du stößt dir deinen Kopf sehr schmerzhaft. Im gleichen Moment will ich deine volle Aufmerksamkeit. Kümmere dich nicht um deinen Schmerz, nein, du sollst etwas für mich tun, jetzt, sofort. Klar ist, das geht nicht – nicht für dich und nicht für ein Pferd, bei welchem das Mundstück zu Unwohlsein und Schmerz für Zunge, Gaumen, Kieferladen, und, je nachdem welche Seitenteile das Gebiss hat, auch im Genick führen kann.
Ein Pferd soll nachgiebig auf Zügelhilfen reagieren, sich biegen und ans Gebiss anlehnen, also über das Gebiss im Maul mit dir kommunizieren. Dazu sollte das Mundstück tatsächlich so unspektakulär – also bequem und annehmbar – für ein Pferd sein, dass es in keiner Weise vom Reiter und dessen Einwirkung ablenkt. Um Gebisse tiefer zu beleuchten, haben wir die Gebissexpertin Sabine Leistikow aus Bothkamp, die ihr umfangreiches Fachwissen, das Demomaterial und die Messtechnik selbst von Karl-Friedrich von Holleuffer erhielt, sowie die Osteopathin Sarah Henne aus Tübingen zur Einwirkung von Gebissen aufs Pferdemaul befragt.
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Geh also sensibel mit der Wahl des Gebisses um, höre auf allerfeinste Signale deines Pferdes, die unweigerlich bei nicht geeigneten Mundstücken kommen werden. Denn mit ihrer Anwendung fügst du deinem Pferd nicht nur physische, sondern auch psychische Wunden zu.
Wie wirken die unterschiedlichen Gebisse – Mundstücke plus Seitenteile – auf das Pferdemaul ein?
Durch die Vielfalt, der auf dem Markt befindlichen Gebisse, kann man leicht den Überblick verlieren. Insbesondere dann, wenn dir noch nicht klar ist, dass sowohl das Mundstück als auch seine Seitenteile einen jeweils eigenen Einfluss auf dein Pferd nehmen. Dabei ist es das Mundstück, welches sich dein Pferd ausschließlich allein aussuchen sollte. Da aber die Seitenteile, wie beispielsweise durchlaufend runde Ringe einer Wassertrense, Olivenkopfringe, D-Ringe oder feste Schenkel und feste Seitenteile einer Kandare über die Intensität der Einwirkung entscheiden, ist die Wahl der Seitenteile eine, die ihr gemeinsam treffen müsst.
Und das am besten erst, wenn das Mundstück gewählt ist. Denn wenn das Pferd mit dem passenden und von ihm selbst ausgesuchten, maulfreundlichen Mundstück feiner wird, aus dem Widerstand gehen und die Anlehnung an den Zügel überhaupt erst suchen kann, ist es ein gemeinsames Erforschen dessen, was an Intensität deiner reiterlichen Hand durch halbe oder ganze Paraden sowie richtungsweisende Zügelhilfen benötigt wird.
Wir haben dir hier die gebräuchlichsten Gebissvarianten – aufgeteilt in Mundstücke und Seitenteile – zusammengestellt und ihre Wirkung beschrieben, wie sie bei annehmender und haltender Zügeleinwirkung stattfindet.
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Einfach gebrochenes Mundstück
Beschreibung: Das einfach gebrochene Mundstück besteht aus zwei beweglich miteinander verbundenen Gebissschenkeln durch ein mittiges Gelenk (auch Verbindungs- oder Gelenkaugen genannt).
Einfach gebrochenes Mundstück Wirkung: Obwohl sich „einfach gebrochen“ so einfach anhört, wird der Druck hier nicht mittig ausgeübt, sondern auf die seitlichen Zungenränder und vor allem die Laden des Pferdes gelegt.
- Einfach gebrochenes Mundstück
Warum das so ist, beschreibt Sabine Leistikow, die als FN Trainer A (Fahren), den Pferdehof Dosenbek betreibt und bereits seit 3 Jahren die Aufklärungsarbeit von Karl-Friedrich von Holleuffer in Sachen „Gebisse im Pferdemaul“ weiterführt: „Durch das auf der einen Seite vertikale und auf der anderen Seite horizontale Verbindungsauge, also eine asymmetrische Fertigung inklusive leichter Längenunterschiede, findet eine unterschiedliche Druckverteilung im Pferdemaul statt. Da bei den meisten einfach gebrochenen Gebissen die Schenkel nicht gleich lang sind, neigt dieses Gebiss dazu vom Reiter unbemerkt zu der Seite des längeren Schenkels zu rutschen und dadurch schief im Maul zu liegen. Dies kann Auswirkungen auf die natürliche Schiefe des Pferdes haben und je nach Händigkeit des Reiters diese noch begünstigen. Der oft zitierte „Nussknacker-Effekt“ durch das Aufstellen des Gelenkes und berühren des Gaumens konnte wissenschaftlich nicht nachgewiesen werden.“
Die dreiecksartige Aufstellung sorgt aber dafür, dass der Druck auf die äußeren Zungenränder zunimmt und gleichzeitig auf die Kieferäste im Bereich der Laden des Pferdes ausgeübt wird. Dabei wird die Zunge an ihren äußeren Rändern gequetscht, sozusagen auch eingequetscht, denn in der Zungenmitte existiert kein Kontakt mehr. Dort entsteht Freiraum. Zu dünne oder große Gebisse wirken dabei besonders schmerzhaft, da punktuell im Pferdemaul.
Einfach gebrochene Gebisse liegen bei korrekter Anwendung ruhig im Pferdemaul und wirken präzise ein. Sind aber bei stärkerer Einwirkung nicht schmerzfrei für das Pferdemaul.
Doppelt gebrochenes Mundstück
Beschreibung: Aufgebaut wie ein einfach gebrochenes Mundstück, aber die beiden Gebissschenkel (gleichlang) sind über ein drittes Glied (oft Olive genannt) miteinander verbunden. Das ist ein deutlicher Vorteil gegenüber dem einfach gebrochenen Mundstück, denn beide Gebissschenkel stehen mit ihren Verbindungsaugen nun vertikal zueinander, das Verbindungsglied liegt horizontal in den Verbindungsaugen.
Doppelt gebrochenes Mundstück Wirkung: „Die Wirkung des doppelt gebrochenen Mundstücks verteilt sich aufgrund der Winkelung auf die Laden und die Zungenmitte, was bedeutet, dass sich die Schmerzpunkte sowohl auf den Laden als auch der Zungenmitte befinden. Dies lässt sich nicht nur an den Messgeräten nachweisen, sondern auch im Selbstversuch. Der Reiter hat weniger Druck auf der Hand, allerdings erfährt das Pferdemaul vermehrten Druck in mehreren Bereichen des Mauls“, weiß Bitfitterin Leistikow.
- Doppelt gebrochenes Mundstück
Es wird beschrieben, dass ebenso wie beim einfach gebrochenen Mundstück, auch beim doppelt gebrochenen Mundstück ein „eher spitz nach oben zulaufender Winkel in Richtung Gaumen“ (Busse) zu erwarten ist. Dabei soll eine Variante mit einem um 45 Grad nach vorne gedrehten und kürzeren Mittelstück (Olive) von Sprenger bei Zügelaufnahme helfen, dass sich das Mittelstück glatt zwischen Zunge und Gaumenbogen legt. Das doppelt gebrochene Mundstück ist für das Pferdemaul nicht angenehm und hat seine Druckpunkte nicht nur auf den Laden, sondern auch auf der Zungenmitte (durch die Olive).
Stangen-Mundstück
Beschreibung: Eine feste Stange von Seitenteil zu Seitenteil, die sich in der Mitte verjüngen kann, aber keine Gelenke hat. Eventuell ist sie leicht gebogen, was eine leichte Zungenfreiheit bedeutet.
Wirkung der Stange: Gleichmäßig auf der Zunge und im Pferdemaul aufliegend, bietet das Stangen-Mundstück dann eine ausgeglichene Verteilung des Drucks auf die Zunge, wenn beide Zügel symmetrisch einwirken. Ohne Verbindungsglieder, die eine asymmetrische Druckverteilung verursachen können, wird der Druck bei beidseitiger Zügelaufnahme vermehrt auf Zunge und im Bereich der Laden verübt.
- Stangengebiss
- Zungenfreiheit
„Entgegen landläufiger Meinungen kann aber nicht nur bei einhändiger Reitweise eine richtungsweisende Einwirkung mit der Stange ausgeübt werden – denke hier beispielsweise an die Fahrpferde, die überwiegend auf Kandare gefahren werden und sehr wohl in Stellung und Biegung laufen können, ebenso, wie sie richtungsweisend gefahren werden.“ Nur bei zu starker einseitiger Zügeleinwirkung kann der Oberkiefer der gegenüberliegenden Seite involviert werden, da die Stange nur als Ganzes, starr – eben ohne Gelenke – agieren kann. Bedeutet: Bei starker Zügeleinwirkung von links, erfährt der linke Unterkieferast Druck und verschiebt die Stange möglicherweise auch in Richtung des rechten Oberkieferastes. Dieser Vorgang wird im Fachjargon auch Verkippen genannt.
In der einhändigen Reiterei werden Stangen-Mundstücke mitunter für die gleichzeitige Einwirkung beider Zügel verwendet. „Leider werden Stangen zu selten als Trense genutzt. Häufiger nutzt der Reiter sie in Form der Kandare in höheren Leistungsprüfungen. Vermehrt werden sie beim Fahren genutzt, denn ihre Einwirkung ist gleichmäßig und wird gut von der ganzen Breite der Zunge gepolstert. Hier hilft dem Pferd eine ruhige Hand“, führt Sabine Leistikow, die nicht nur A-Trainerin ist, sondern auch die Qualifizierung „Richter Vorbereitungspatz Fahren“ hat, weiter aus.
In England ist es nicht selten, dass bereits Kinder in den Reitschulen auf Stangengebissen oder Kandaren (hier allerdings meist ohne Kinnkette) das Reiten und die ruhige, sensible Handhaltung lernen.
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Wassertrense
Beschreibung: Die runden Ringe, die Wassertrense genannt werden, sind innerhalb der beiden Ringlöcher der Gebissschenkel des Mundstücks frei drehend.
Wirkung der Wassertrense: Aufgrund der freien Beweglichkeit der Ringe kann mit der Wassertrense die Wirkung einer unruhigen und unerfahrenen Reiterhand auf das Mundstück und damit das Maul des Pferdes kaum abgefangen werden. Durch die freie Beweglichkeit liegt die Wassertrense allerdings nicht ruhig im Maul. Ein Abstand von Lefze zum Ring sollte laut LPO bei 0,5 cm liegen, um ein Einklemmen der Maulwinkel bei zu geringer Entfernung zu vermeiden. „Doch wirkt der frei drehende Ring einer Wassertrense bei Zügelanzug je nach Ringgröße recht stark auf das Genick ein. Dies kann im Messversuch und am Modell leicht nachgewiesen werden. Hier gilt, je größer der Ring, desto höher der Druck, der sich im Genick aufbaut. Laut LPO sind grundsätzlich Größen zwischen 55 und 90 mm (Pferd) und 45 bis 70 mm (Pony) erlaubt. Nach Möglichkeit sollte hier eher zum kleineren Ring gegriffen werden“, erklärt die Gebissberaterin.
Wer sein Pferd über eine korrekte Hilfengebung durch Gewicht und Schenkel, also an seinem Sitz reiten möchte oder junge Pferde hierin zu schulen hat, wird eher ein ruhiger am Maul liegendes Seitenteil schätzen – ebenso, wie unerfahrene Reiter, die ein Pferd durch unruhige Hände nicht behindern wollen.
Olivenkopf-Ringe
Beschreibung: Beide Elemente, Mundstück und Olivenkopf-Ring, verbinden sich fließend, aber dennoch fest miteinander und bilden dabei olivenförmige „Ringe“ am Ende jedes Mundstückschenkels.
Wirkung der Olivenkopf-Ringe: Als fixierende Seitenteile findet über das Mundstück eine direkte Übertragung der Zügeleinwirkung auf Zunge und Unterkiefer statt. Die Olivenkopf-Ringe eines Gebisses wirken dabei einrahmend und begrenzend auf richtungsweisende Hilfen – innen wegweisend, am äußeren Maulwinkel/Zügel begrenzend. Ein Gebiss mit Olivenkopf-Ringen muss genauso passend wie eine Wassertrense gewählt werden. So liegt der seitliche Steg an der Lefze direkt am Pferdemaul an, was für die Einwirkung des Gebisses sinnvoll ist. Außerdem können die Lefzen – durch die in sich feste Konstruktion – nicht in irgendwelchen Ringlöchern eingeklemmt werden.
„Bei Olivenkopf-Ringen baut sich ähnlich wie bei der Wassertrense der Druck durch die Drehung und Weiterleitung über die Backenstücke auch auf das Genick auf“, ergänzt Sabine Leistikow, die selbst auf Turnieren im Bereich Fahren bis Klasse M sowie im Tandem erfolgreich startet.
Olivenkopf-D-Ringe
Beschreibung: Eine Mischung aus Olivenkopf- und D-Ring in welcher der „Ring“ deutlichere Konturen eines D’s zeigt als bei Olivenkopf-Ringen.
Wirkung der Olivenkopf-D-Ringe: Die Wirkung dieser Kombi aus Olivenkopf- und D-Ring ist gegenüber der Olivenkopf-Ringe verstärkt. Die Seiteneinwirkung auf den Maulwinkel ist also größer – begrenzender und rahmender in Wendungen als beim Olivenkopf-Ring. Olivenkopf-D-Ringe unterstützen, wie auch Olivenkopf-Ringe, die Position des Mundstücks im Pferdemaul, denn das Gebiss kann nicht von der einen zur anderen Seite durch das Maul hindurchgezogen werden. Und was die Passform angeht, so gelten hier die gleichen Infos, wie bei Olivenkopf-Ringen.
Auch mit diesen festen Seitenteilen wird jede Bewegung der Reiterhand uneingeschränkt und mit voller Wirkung in das Innere des Pferdemauls übertragen.
D-Ringe
Beschreibung: D-förmige Ringe sind direkt und fest mit dem Mundstück verbunden. Die Beweglichkeit der „halben Ringe“ ist so noch weiter eingeschränkt, denn lediglich der Bogen des D’s ist vertikal um den Stab (I des D) herum beweglich.
Wirkung der D-Ringe: D-Ringe sind fixierende Seitenteile. Die Seiteneinwirkung wird gegenüber Olivenkopf- und Olivenkopf-D-Ringen weiter verstärkt. Pferde, die vermehrt über die Schulter versuchen auszubrechen, sich zu entziehen oder „wegzulaufen“, erfahren hier eine noch klarere Begrenzung. Dabei wird jede Zügelhilfe sehr deutlich und direkt auf Zunge und Unterkiefer übertragen.
Die Maulwinkel werden auch bei den D-Ringen geschont, denn durch die Fixierung liegt das Gebiss ruhiger im Maul. Allerdings wird auch hier die Einwirkung der Reiterhand eins zu eins übertragen, auch bei unerfahrenen Reitern.
Schenkeltrense
Beschreibung: Halbe Wassertrensenringe mit seitlich durchgehenden Stegen (Schenkeln) von circa 5 bis 8 cm Länge. Die Schenkel liegen entweder in Ringlöchern des Mundstücks, oder es sind ineinander übergehende feste Verbindung vorhanden, ähnlich einem Olivenkopf-Ring. Die Schenkel können zusätzlich mit Lederösen/-schlaufen an den Backenstücken fixiert werden.
Wirkung der Schenkeltrense: Schenkeltrensen (auch Knebeltrensen genannt) bieten einen deutlich einrahmenden und begrenzenden Effekt, der größer ausfällt als bei Olivenkopf-, Olivenkopf-D-Ringen oder D-Ringen. Damit unterstützen sie Wendungen bei Pferden, die sich gerne richtungsweisenden bzw. biegenden oder stellenden Zügelhilfen entziehen, bereits am Maulwinkel.
Als fixierende Seitenteile übertragen Schenkeltrensen Einwirkungen der Reiterhand direkt aufs Mundstück. Die seitenführende Einwirkung wir dadurch verstärkt und dem Pferd das Gehen in Stellung und Biegung erleichtert.
3-Ringe (Pessoa)
Beschreibung: Ein Seitenteil aus 3 Ringen, auch Pessoa genannt, besteht aus mehreren aneinanderhängenden Ringen. Von diesen hat der mittlere die Größe eines Wassertrensenrings, in welchem das Mundstück mittig in Ringlöchern liegt. Die weiteren Ringe sind kleiner und befinden sich oben und unten am Wassertrensenring. Manchmal ist der obere Ring auch etwas kleiner als der untere.
Wirkung der 3-Ringe (Pessoa): „Die Einwirkung auf das Genick findet hier ähnlich wie bei allen Wassertrensen statt. Wird der Zügel nun in den unteren kleinen Ring anstelle der Wassertrense geschnallt, ist eine erhöhte Hebelwirkung auf Zunge und Gebiss gegeben“, erklärt Sabine Leistikow. Allerdings besteht die Möglichkeit, auch zwei Zügelpaare einzuschnallen (in den Wassertrensen-Ring und den kleinen unteren Ring). Dann findet eine variable Einwirkung statt – stärker und hebelnder, wenn die Zügel des unteren Rings genutzt werden, weicher bei Nutzung des Wassertrensen-Zügels.
Als nicht fixierende, sondern lose Seitenteile, werden 3-Ringe vermehrt im Gelände und Springparcours verwendet, um das Pferd besser zu regulieren. Aber auch, wenn ein Reiter sein Pferd vermehrt am Sitz reiten möchte sind 3-Ringe möglich.
Kandare
Beschreibung: Festes, stangenförmiges Mundstück, teils mit „leichter Zungenfreiheit“ (leicht gebogen), und zwei feststehenden, seitlichen Stegen/Stangen (auch Anzüge genannt), dessen Oberbaum kürzer ist als sein Unterbaum (Stangenlängen ober- bzw. unterhalb des Mundstücks). Am Ende von Ober- und Unterbaum sitzt jeweils ein kleinerer, feststehender Ring für Backenstück bzw. Zügel.
Wirkung der Kandare: Sowohl die Länge des Unterbaums als auch die Dicke des Mundstücks – ebenso natürlich die reiterliche Einwirkung – entscheiden über die Intensität der Kandare. Denn das Mundstück als Stange dreht sich bei Zügelaufnahme im Pferdemaul um die eigene Achse. „Der Druck verteilt sich gleichmäßig auf die Zunge, die Laden werden geschont. Die Kandare ist damit bis zum Anstehen der Kinnkette mit das pferdeschonendste Gebiss überhaupt“, so Frau Leistikow zur Kandare. Unterschiede zwischen kurzen und langen Unterbäumen verdeutlicht dir diese Grafik: Der rasche Anschlag (34 Grad-Winkel) von kurzen Anzügen erreicht einen schnellen Anstellwinkel. Der lange Anzug dagegen hat eine mildere Wirkung mit einem längeren Winkel von 17 Grad. Der lange Unterbaum kann somit weitaus feiner genutzt werden.
„Durch die fixierenden Seitenteile (nichts anderes sind Ober- und Unterbaum) ist auch hier eine seitenführende Wirkung gegeben. Ein seitwärtsweisen in Stellung und Biegung“, führt Frau Leistikow ihre Erklärungen weiter aus. Bei zu starker und asymmetrischer Einwirkung kann es allerdings zum Verkanten kommen. Bei längeren Unterbäume ist dieses Verkanten oder Verkippen (wie man unter Reitern sagt) dann stärker und damit auch seine Wirkung.
Beim Dressurreiten mit einer Kandare ist laut LPO immer eine Unterlegtrense notwendig. Auch ist eine Kinnkette beim Kandarenzaum vorgeschrieben – Achtung, diese sollte nie verdreht sein, denn das führt dem Pferd Schmerzen zu. Außerdem ist die Kandare ausschließlich mit Englischem Reithalfter zugelassen. Es ist sinnvoll, die Unterlegtrense 1 cm länger, als die Kandare zu wählen und das Kandarengebiss mit einer Länge zu nutzen, die es jeweils direkt am Mundwinkel (ohne ihn einzuklemmen) anliegen lässt. Das Mundstück der Kandare sollte dabei nicht zu klobig sein. Hingegen sollte die Unterlegtrense nicht zu dünn gewählt werden. Beide Faktoren führen zu unzufriedenen Pferden.
Sabine Leistikow erklärt: „Wichtig ist zu wissen, dass auch einfach gebrochene Mundstücke als Unterlegtrense gut geeignet sind. Bei Zügelaufnahme drückt sich das Gebiss in die Zunge und liegt unter der Kandarenstange. Der viel gefürchtete und propagierte Nussknacker-Effekt setzt bei der Wahl eines passenden Gebisses nicht ein. Die Hilfengebung sollte dabei erst über das Unterleggebiss erfolgen. Die Kandare ist nur zusätzlich für das „Hereinholen“, die Beizäumung eingesetzt. Merke: die Unterlegtrense hebt an, die Kandare holt herein. (siehe auch Fritz Stahlacker)“.
Die Zügeleinwirkung mit der Kandare sollte deshalb vollkommen unabhängig vom Sitz stattfinden können, was einen angemessenen Ausbildungsstand des Reiters zur Folge hat. Außerdem ist wichtig, dass der Reiter mit einer doppelten Zügelführung umgehen kann. Doch auch das Pferd sollte in seiner Ausbildung fein und weit vorangeschritten sein – beides jeweils, um Schmerz und Verletzungen für das Pferd zu vermeiden.
Pelham
Beschreibung: Diese Seitenteile sind aufgebaut wie die einer Kandare, zusätzlich befindet sich ein mittlerer größerer Ring auf Höhe des Mundstücks. Das Mundstück ist fest mit den Seitenteilen verbunden.
Wirkung des Pelham: Ein Pelham hat eine deutliche Einwirkung. Der Druck auf Zunge und Laden wird über das Anstehen der Kinnkette eingeleitet. Der Unterschied zur Kandare liegt zum einen im Mundstück, was bei einem Pelham sowohl ein einfach gebrochenes wie auch doppelt gebrochenes Mundstück oder eine Stange sein kann, und zum anderen in der Zügelführung: Ein einzelnes Zügelpaar – im Mittelring und unteren Ring am Unterbaum mit Pelhamriemchen oder Verbindungssteg verschnallt – wirkt auf das Pferd ein, stark und undifferenziert.
Ebenso wie bei der Kandare ist bei einem solchen Hebelgebiss nur der erfahrene Reiter einer, der es „in seinen Händen“ halten sollte.
Gebissmaterialien: Muss das Gebiss dem Pferd auch schmecken?
Viel wichtiger als ein angenehmer Geschmack ist die Passform. Das sollte außer Frage stehen, denn möglicherweise hat sich mit dem passenden Gebiss auch die Geschmacksfrage erledigt. Einfach, weil es gegen das Mundstück keinen Widerstand mehr gibt. Doch kann es durchaus sinnvoll sein, seinem Pferd ein Material zu bieten, welches im Pferdemaul keine zusätzliche Reaktion auslöst. Wichtig ist, dass das Gebiss deinem Pferd gefällt, deshalb forsche für und mit deinem Pferd.
Hier verschiedene Metalllegierungen für Gebisse:
- Edelstahl: bestehend aus verschiedenen Metallen wie Chrom, Stahl (überwiegend Eisen, versetzt mit Kohlenstoff) und Nickel. Edelstahl ist pflegeleicht, glatt und stabil, außerdem geschmacksneutral und langlebig. Edelstahlgebisse glänzen durch den Chrom-Anteil deutlich silbern. Das Metall bringt fürs Pferdemaul aber eine gewisse Kälte mit und braucht lange, bis es sich erwärmt.
- Argentan (auch German Silver oder Neusilber genannt): besteht aus einer 65-prozentigen Kupfer-, 15-prozentigen Nickel- und geringen Zink-Legierung. Je nach Kupferanteil können Argentan-Gebisse von dunkel-silber bis hell-golden schimmern. Je mehr Kupfer enthalten ist, desto süßer (metallisch süß) schmecken sie.
- Aurigan (Sprenger): 85-prozentiger Kupferanteil mit 11 Prozent Zink und 4 Prozent Silizium. Silizium härtet hier die Legierung, um das weiche Kupfer zu stabilisieren. Dabei ist Aurigan nickelfrei, denn das Nickel wurde aus dem Kupfer herausgelöst. Metallisch-süßlicher Geschmack fürs Pferd, da Kupfer süßlich schmeckt, sobald es oxidiert.
- Sensogan (Sprenger): geringer Kupferanteil, mit Zink und Mangan. Die Abgabe des Kupfers ans Pferd wird durch Mangan verringert. Der Oxidationsprozess erhält somit eine veränderte Konstante, was eine dosierte Speichelbildung beim Pferd zur Folge hat. Anstatt des Kupfers wird hier Mangan an den Pferdespeichel abgegeben.
- Kaugan (Busse): nickelfreie Legierung mit hohem Kupferanteil und anderen Metallen (werden von Busse nicht kommuniziert), um die Härte zu erhalten.
- Eisen-Legierung (auch „sweet iron“ genannt): Eisen oxidiert mit Speichel, es entsteht der für Pferde süßliche Rostgeschmack. Pferde beginnen hierdurch vermehrt zu speicheln.
- Titan-Legierung: Titan bietet die wichtige Komponente der Allergiefreiheit, denn Titan, welches ebenfalls für medizinische Implantate beim Menschen Verwendung findet, ist hyperallergen – also ohne Allergiepotential. Es ist pflegeleicht, langlebig und verschleißt gering.
- Salox Gold (Neue Schule Bits): Aus Kupfer, Zink und Aluminium entsteht eine Verbindung, die mit einer besonderen Wärmeleitfähigkeit das Mundstück im Pferdemaul schnell erwärmt und lösliche Ionen aus Kupfer und Zink (Messinglegierung) durch das zugefügte Aluminium bindet. Diese Ionen können nicht ins Pferd diffundieren, was sie bei natürlicher Oxidation von Kupfer (Grünspan) – wie auch Eisen (Eisenoxid/Rost) – tun. Salox Gold schmeckt neutral und ist leicht und weich genug, um einen zufälligen Kontakt mit den Zähnen zu absorbieren. Es dämpft die entstehende Schwingung, die den Pferdekiefer erreicht, frühzeitig ab.
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Zusätzlich sind noch andere Material-Varianten als Mundstücke für Pferde-Gebisse auf dem Markt:
- Gummi: viel weicher als eine reine Metall-Legierung, wenngleich der Kern des Gebisses (mit gebrochenen Mittelstücken auch diese) aus Metall besteht. Gummigebisse sind maul- und zungenfreundlich. Kaut das Pferd auf Gummi herum, entscheidet die Speichelbildung über den Abrieb, der bei zu wenig Speichel vermehrt stattfindet. Durch den Abrieb ist es besonders wichtig, auf die Lebensmittelechtheit zu achten. Weichmacher- und lösungsmittelfrei sollten Gummi-Gebisse, wie es Nathe Gebisse beispielsweise sind, also sein.
- Kunststoff: formstabil oder biegsam, gebrochen oder als Stange erhältlich. Pferde mögen die Temperaturbeständigkeit – das Gebiss kommt nicht kalt wie Metall ins Pferdemaul, ist aber mit einem Kern aus Metall versehen. Kunststoff ist hyperallergen, also ohne Allergiepotential. Kunststoffgebisse sind außerdem maulfreundlich. Ebenso wie bei Gummi muss das Pferd genügend speicheln, um den „Radiergummi-Effekt“ – also Abrieb des Kunststoffes – zu vermeiden. Deshalb sollten auch Kunststoffgebisse lebensmittelecht sein.
- Leder: rein pflanzlich gegerbtes Leder, also naturnah. Je nach Hersteller mit Nylon-, Edelstahl- oder Titankern, aber auch ganz aus Leder gearbeitet. Dabei sind Ledergebisse hauptsächlich Stangengebisse (vereinzelt einfach gebrochen), teils handgenäht und mitunter in unterschiedlichen Härtegraden erhältlich. Komplett aus Leder sind die Gebisse relativ weich, temperaturneutral und biegsam. Daher sollten solche Gebisse häufig eine halbe Nummer größer als gemessen verwendet werden. Ledergebisse sind maulfreundlich, werden gut vom Pferd angenommen und ermöglichen ihm eine feine Anlehnung.
- Gel (Windern): besteht aus synthetischem Gel mit Drahtkern und gilt als sehr strapazierfähig. Zudem finden keine Temperaturschwankungen statt, was es das Pferd angenehm aufnehmen lässt. Allerdings sind Gel-Gebisse relativ dick, ähnlich den Gebissen aus Leder.
- Schwamm/Schaumstoff: dicke Schaumstoffummantelung (circa 5 cm) mit integriertem Nylonkern und seitlichem Schaumstoff-Schutz für die Maulwinkel. Als sehr weiches Material schrumpft der Schaumstoff bei Gebrauch, auch wenn das Mundstück zuerst recht dick wirkt. Verwendung oft bei Maulverletzungen wie nach Zahnbehandlungen, offenen Maulwinkeln oder bei grundsätzlich sehr empfindlichen Pferden.
Infos zu Härtegraden der Gebisse
Gebisse aus Kunststoffen, also Thermoplaste, sind dreimal weicher als Edelstahlgebisse die keinerlei Schwingung aus einem versehentlichen Aufprall mit den Zähnen abfedern. Eine Ausnahme bieten hier die Salox Gold Gebisse, die mit einer weicheren Legierung aus Aluminium solche Stöße dämpfen und teils absorbieren können. Ihr Härtegrad nähert sich am weitesten denen der Kunststoffe an. Gebisse mit Kupferlegierungen wie Aurigan, liegen im mittleren Bereich. Sie sind also auch weicher als Edelstahl-Legierungen, deshalb sollte man bei rotierenden Ringen wie denen einer Wassertrense nach Gebrauch von Gebissen mit Kupferlegierungen auf mögliche, verletzungsträchtige Kanten im Bereich der Ringlöcher achten.
Ledergebisse sind weich, doch auch sie sollten regelmäßig begutachtet werden. Um das Leder zu erhalten – damit es nicht rau und brüchig wird – kannst du es mit Speiseöl, beispielsweise Olivenöl, pflegen. Gummigebisse scheinen aufgrund des Materials nicht allzu hart, allerdings befindet sich bei den meisten Gummi-Gebissen ein Metallkern im Innern. Auch hierbei sollte es, ebenso wie bei Kunststoffgebissen, regelmäßige Sichtkontrollen bezüglich scharf gebissener Kanten oder gar Durchbrüche geben. Das gleiche gilt für Schwamm/Schaumstoff-Gebisse. Bei vermehrt kauenden Pferden kann es hier leicht zu Beschädigungen oder Brüchen des Schaumstoffs kommen, der um den Nylonkern herum sehr weich ist.
„Insgesamt ist bei Mischmetallen zu beachten, dass hier ein Ionenfluss/-austausch stattfindet. Dieser löst im Pferdemauls bei Speichelkontakt eine Reaktion aus. Vermehrter Speichelfluss findet statt. Aber dies ist eine rein chemische Reaktion des Pferdes. Vergleichbar beim Menschen, wenn Eier mit Silberlöffeln gegessen werden oder auf das sogenannte Silberpapier einer Schokoladenverpackung gebissen wird“, fügt Sabine Leistikow zum Thema Gebissmaterialien hinzu.
So misst du die richtige Gebissgröße für dein Pferd
Die Gebissschenkel eines Mundstücks weisen im Allgemeinen (ausgenommen manche Stangengebisse) eine konisch zulaufende Form auf. Dabei werden nicht nur die Schenkel nach innen hin schmaler, sondern auch die Mittelstücke haben, je dünner ein Gebiss gewählt wird, eine geringere Stärke. Um dem eingeschränkten Platz im Pferdemaul gerecht zu werden, spielen also alle miteinander verbundenen Einzelteile eine Rolle bei der Gebissgrößenwahl.
Gebissstärke
Die richtige Gebissstärke ist für dein Pferd enorm wichtig. Denn es soll sein Maul mit dem Gebiss darin ja immer noch komplett und schmerzfrei schließen können. Dabei muss das Gebiss frei im Pferdmaul zu liegen kommen, ohne, dass Druck auf die Kieferknochen oder den Gaumen einwirkt. Und wenn du dir einmal angesehen hast, wie wenig Platz tatsächlich im Maul des Pferdes vorhanden ist – im Bereich der Laden liegt der Raum zwischen Ober- und Unterkiefer bei circa 3,5 Zentimetern – wirst du die Gebissstärke sehr achtsam wählen müssen.
Entscheidend ist hier die persönliche Anatomie – und zwar ausschließlich. Dazu gehört die Dicke der Zunge und ihrer Muskulatur, die von Pferd zu Pferd sehr individuell ist, aber schon 2 bis 2,5 Zentimeter im Mundraum einnehmen kann. Bestimmend ist zudem der vorhandene Platz zwischen Ober- und Unterkiefer.
Um die Gebissstärke zu definieren, nutzen viele den „Zwei-Finger-Test“. Lege hierzu deinen Zeige- und Mittelfinger übereinander und entspannt auf die Unterkieferlade im Pferdemaul (mit zur Seite gelegter Pferdezunge, im zahnlosen Bereich, wo das Gebiss später liegen soll). Prüfe, ob mit geschlossenem Maul Kontakt zwischen deinen Fingern und Ober- sowie Unterkiefer entsteht. Wenn ja, ist der Platz für ein Gebiss sehr eingeschränkt. Beginnt dein Pferd zu kauen und der Kontakt/Druck auf deinen Zeigefingern wird erst jetzt spürbar, ist etwas mehr Platz vorhanden.
Mit ausreichend Raum könnte deinem Pferd eine Gebissstärke von 16 oder 18 mm gefallen, aber betrachte auch immer, wie ausgeprägt die Zunge ist, damit das Gebiss nicht an den Gaumen gedrückt wird. Falls du bei dem 2-Finger-Test sofort an die Oberkieferknochen stößt, ist schon von vornherein ein dünneres Gebiss von möglicherweise 14 mm angesagt, denn dieses wird deinem Pferd bei losgelassenem Zügel keinen Druck auf die Kieferäste und den Gaumen verursachen.
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Verabschiede dich mit Blick auf die Gebissstärke aber von der alten Idee, dass je dicker ein Gebiss ist, desto weicher sei seine Einwirkung im Maul. Zudem haben sich die anatomischen Verhältnisse der Pferde im Gegensatz zu früher verändert: Heutige Pferdeköpfe sind wesentlich kleiner geworden. Diese Tatsache gewährt ihnen noch weniger Platz für ein Gebiss in ihren Mäulern … Und wenn deinem Pferd das Gebiss zu dick ist, weil es durch eine fleischige Zunge nur 15 mm Platz im Maul hat, wird ein dickes Gebiss Unbehagen hervorrufen. „Frage“ dein Pferd – beispielsweise durch die individuelle Unterstützung eines Gebissberaters – was es braucht, um dir bei der Einwirkung deiner Hilfen entspannt zuhören zu können. Das ist der wichtigste Aspekt, der bei der Wahl des Gebisses wegweisend sein sollte.
Gebissweite
Auch die Gebissweite richtet sich ganz individuell nach dem Maul deines Pferdes – mit fleischigen Lefzen und langer Maulspalte kann die Gebissweite anders ausfallen als mit kurzer Maulspalte und vielleicht weniger Lefzendicke. Um die richtige Gebissweite zu finden, gibt es im Handel beispielsweise einen Gebissweitenmesser (Sprenger) mit dem auf Höhe des verschnallten Gebisses, also im Bereich der Laden, die Gebissweite gemessen und auf einer Skala abgelesen werden kann.
Du kannst aber auch ein bereits eingeschnalltes Gebiss deinem Pferd inklusive Zaumzeug anlegen, das Gebiss im Maul an den Ringen etwas zu den Seiten spannen und dann schauen, ob die Löcher einer Wassertrense noch zu sehen sind oder beispielsweise das Olivenkopfgebiss mit seinen Ringen direkt am Pferdemaul anliegt. Um ein Mundstück anschließend zu messen, wird von Lochinnenmaß zu Lochinnenmaß entlang der Gebissschenkel gemessen, oder bei einem Stangengebiss (auch Olivenkopf-, D-Ring-, Schenkeltrense …) vom Seitenteil zum Seitenteil. Hierzu nutze Metermaß, Lineal oder Zollstock.
Zusätzlich kann dir diese Variante über die Gebissweite deines Pferdes Aufschluss geben: Nimm ein gewünschtes Gebiss und lege es Deinem Pferd ins Maul. Richte das Gebiss so aus, dass an einer Maulseite der Gebissring anliegt. Jetzt betrachte, wie weit das Gebiss auf der anderen Seite an der Maulspalte herausschaut. Hier herrscht folgende Faustregel vor: Für einfach gebrochene Gebisse sollte 1 cm herausschauen, bei doppelt gebrochenen Gebissen 0,5 cm. Im Zweifel tendiere aber lieber zum größeren Gebiss. Denn: „Grundsätzlich gilt, dass die Maulbreite plus 1,5 cm bei gebrochenen Gebissen die Gebissbreite ergibt. Bei Stangen plus 1 cm. Die Höhe der Verschnallung anhand der Falten ist dabei nur eine Richtangabe, die Pferdeindividuell zu überprüfen ist. Meist wird das Gebiss aus falschen Gründen zu tief eingeschnallt. Dann wirkt es schärfer und führt bei gebrochenen Gebissen schnell dazu, dass Schäden an der Innenseite der Vorderzähne entstehen“, mahnt Sabine Leistikow.
Bei Gebissen mit festen Seitenteilen (z.B. Olivenkopfgebisse oder Kandaren) sollte zudem darauf geachtet werden, dass die Ringe/Stangen seitlich an den Lefzen anliegen, um die seitliche Einwirkung zu gewährleisten. Bei einem gut sitzenden Gebiss mit losen Ringen (Wassertrense) müssen hingegen die Löcher, in denen sich die Ringe befinden, frei zu sehen sein. Das bedeutet, diese sollten etwas größer ausfallen als beispielsweise Olivenkopfgebisse. In der Regel spricht man hier – wie bei Sprenger, Neue Schule Bits oder Busse – von der nächstgrößeren Größe. Richtig in den Trensenzaum eingeschnallt, ist das Gebiss, wenn sich ein bis zwei kleine Falten um die Maulwinkel bilden. Sind es mehr, ist das Gebiss zu klein und/oder die Verschnallung am Zaumzeug ist zu kurz.
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Welchen Einfluss nehmen Ausbildungstand von Pferd und Reiter auf die Gebisswahl?
Der Ausbildungsstand von Pferd und Reiter sollte einen großen Einfluss auf die Wahl der Seitenteile eines Gebisses und in manchen Fällen auch auf das komplette Gebiss nehmen. Denn dir muss bewusst sein, dass ein noch so harmlos aussehendes Gebiss deinem Pferd Schmerzen zufügen kann. Das gilt für alle Gebissformen. Das Mundstück selbst sollte deshalb immer und bei allen Gebissen vom Pferd selbst ausgesucht und angenommen werden. Doch sollte bei der Frage mit oder ohne Gebiss auch das Alter des Pferdes eine Rolle spielen.
Jungpferde, die noch im Zahnwechsel sind, bedürfen eines hochgradig reiterlichen Feingefühls. Denn wird ein Pferd dreijährig eingeritten, hat ein halbes Jahr zuvor der Zahnwechsel vom Milchzahngebiss zu den bleibenden Zähnen begonnen. Abgeschlossen ist dieser meist erst mit fünf bis sechs Jahren, wenn alle sich gegenüberliegenden Zahnpaare Kontakt zueinander haben. Dabei gibt es Phasen, in denen es für das Pferd unproblematisch ist ein Gebiss im Maul zu tragen und andere Phasen – beispielsweise, wenn im Unterkiefer auf beiden Seiten der dritte Backenzahn wechselt und ein Wechsel der beiden dazu paarigen Oberkieferbackenzähne zeitnah ansteht – in denen ein Pferd überhaupt nicht geritten werden sollte. Zusätzlich drückt natürlich jedwede Zäumung auch auf das Jochbein und die Kaumuskulatur, die dort ansetzt.
Ein weiterer Faktor können auch die Wolfszähne im späteren Alter sein, deren Extraktion bei Problemen der Rittigkeit – zurückzuführen auf Gebiss und Wolfszähne – hilfreich sein kann. Doch damit nicht genug: Was den Ausbildungsstand des Pferdes angeht, muss in jeder Disziplin, aber gerade in der Dressur, eine Gebisswirkung – wie die einer Kandare – von einem Pferd auch umgesetzt werden können. Beispielsweise sollten Bewegungsabläufe zu einer reellen Aufrichtung führen, in der die Hinterhand vermehrt unter den Schwerpunkt tritt, um überhaupt mit einer Kandare zu beginnen.
Und Kandare sowie Pelham verlangen an sich schon einen höheren Ausbildungsstand von Reiter und Pferd, wobei das Pelham durchaus verschiedene Mundstücke für das Pferd zur Verfügung stellt.
Zu deinem eigenen Ausbildungsstand bleibt zu sagen: Sei ehrlich zu dir selbst. Wie erfahren bist du als Reiter, wie ruhig ist deine Hand? Jede noch so kleine Bewegung deiner Hände oder Finger kommt im Pferdemaul an …
Fazit
In diesem Beitrag sind die gängigsten Varianten an Mundstücken, Seitenteilen und Legierungen beziehungsweise Materialien und ihre Wirkungen beschrieben. Um das richtige Gebiss für dein Pferd – seinen und deinen Ausbildungsstand – zu finden, lohnt sich eine fachliche Beratung. Hierzu gibt es spezielle Gebissberater. Genauso, wie du für deinen Sattel einen Sattler/Sattelservice kommen lässt, damit dein Pferd den Sattel probieren kann, sollten Gebisse – verschiedene Mundstücke und Seitenteile – Probe geritten werden, um euer Ideal zu finden. So kann ein Gebissproblem eine reelle Lösung für Reiter und Pferd erfahren, ohne Geschmacksverstärker oder sonst was.
Fachliche Qualitätsprüfung: Der Inhalt dieses Textes wurde von FN Trainerin Sabine Leistikow geprüft, um höchste Qualitätsstandards zu gewährleisten.

Sabine Leistikow mit ihren Messinstrumenten und einer großen Gebissauswahl.
Sabine Leistikow wurde 1972 in Rendsburg geboren und reitet seit ihrem 6. Lebensjahr. Sie ist verheiratet und hat zwei erwachsene Söhne. Gemeinsam mit ihrer Familie betreibt sie den Pferdehof Dosenbek.
Seit 2021/22 ist sie FN Trainerin C, B und A im Bereich Fahren und bildet vom Longieren bis LA 2 sowie im Fahren alles bis FA3 vierspännig aus. Reiter und Pferd natürlich.
Sie ist Trägerin der Lütke Westhues Plakette. Dies ist eine Auszeichnung für Trainer aller C, B und A Prüfungen, die besondere Leistungen erbracht haben. Dabei darf das Trainerzeugnis keine Note enthalten, die weniger gut als eine zwei gegeben wurde. Mit dieser Ehrung wurde Sabine Leistikow dreimal ausgezeichnet.
Zudem erlangte sie die DOSB (Deutscher Olympischer Sportbund) Lizenz, die ihr eine stetig wachsende Expertise als Trainerin bescheinigt.
Auch die „Qualifizierung Richter Vorbereitungsplatz Fahren“ zeichnet Sabine Leistikow aus. Dabei sieht sie sich in der Praxis auf Turnieren genau an, was an Verschnallungen und Gebissen im Bereich des Pferdesports verwendet wird und setzt ihr weitreichendes Wissen auch dort zum Wohle der Pferde ein.
Als sogenannter Bitfitter, also Gebissberaterin, wurde sie von Karl-Friedrich von Holleuffer unter die Fittiche genommen, der ihr nach seinem Abdanken in diesem Bereich seine Messtechnik, sein Demomaterial und all sein Wissen übergab.
Quellen:
shop.hallatech.de/pages/die-welt-der-gebisse
neueschulebits.de/modelle.html
busse-reitsport.de/blog/in-der-arbeit-mit-dem-pferd/das-gebiss-als-verbindungselement/#materialkunde
sprenger.de
vetmeduni.ac.at/hochschulschriften/bakk-pferdewissen/AC07747260.pdf
tierschutz.com/app/uploads/2023/11/herholz.pdf
youtube.com/watch?v=NKBgkLdFnD4
youtube.com/watch?v=s0580dpOlD0
de.wikipedia.org/wiki/Trense
igfp-ev.de/fuer-pferdebesitzer/zahnprobleme/milchzaehne
Bildquellen:
© Stallbedarf24
© Sabine Leistikow
© Slawik – Equine Photography