Der Kauf eines Pferdes sollte aus vielfacher Hinsicht gut durchdacht und überlegt sein, denn mit der Anschaffung eines vierbeinigen Wegbegleiters kommen nicht nur finanzielle, sondern auch zeitliche und emotionale Verpflichtungen und viel Verantwortung auf einen zu, die nicht unterschätzt werden sollten. Es ist eben kein „Sportgerät“, welches man im Keller abstellen kann. Neben den Anschaffungskosten, sind daher viele Faktoren zu beachten und stets ein finanzieller Puffer für außergewöhnliche Kosten und Notfälle bestmöglich beiseitegelegt zu haben.
Inhaltsverzeichnis
Wie wählst du das passende Pferd aus?
Die Suche nach einem geeigneten Pferd sollte immer mit mindestens einer weiteren objektiven pferdekundigen Person erfolgen. Trainer, zusätzlich eine neutrale objektive Person, mindestens ein Tierarzt und ggf. ein Anwalt sollten zu Rate gezogen werden. Vorab sollte man sich gut überlegen, was man möchte, und die Erwartungen konkretisieren. Anhand dieser Parameter wird die Suche begonnen und vorab unterschiedliche Handlungen getätigt.
Vorab können sämtliche Informationen zum Pferd eingeholt werden, Videos gesichtet, Recherchen getätigt (Rimondo, FN Erfolgsdaten, soziale Medien, etc.) und ggf. bereits tierärztliche Unterlagen durchgesehen werden, bevor man überhaupt die Entscheidung trifft, das jeweilige Pferd Probe zu reiten.
Beim ersten Kennenlernen sollte man sich die Gegebenheiten vor Ort und auch das Verhalten des Pferdes, die äußeren Umstände und den Verkäufer oder Vermittlungspersonen genau ansehen und beobachten. Vier Augen sehen immer mehr. Niemals alleine zum Probereiten gehen. Erkundigt euch umfassend über euren möglichen Vertragspartner. Mit wem konkret habt ihr es zu tun. Auch hierbei lohnen sich umfassende Recherchen.
Lasst keinen Druck zu, sollte der Verkäufer eine übereilte Entscheidung wünschen, ist eher Abstand angeraten. Ein Seriöser Verkäufer macht keinen Druck. Aber auch hier ist stets der Einzelfall und das Preissegment zu beachten. Ein mehrmaliges Probereiten ist ebenfalls anzuraten, sofern einem der erste Termin sehr gut gefallen hat.
Stellt auch immer viele Fragen zur Vorgeschichte des Pferdes, Hintergrund des Verkaufes, zu Besonderheiten, Verhaltensweisen, Fütterung, Haltung, Verletzungen, Vorerkrankungen etc.. Schaut euch die Papiere genau an und seit lieber zu kritisch, anstatt zu oberflächlich. Die „rosarote“ Brille sollte bestmöglich zu Hause gelassen werden. Dokumentiert den Zustand und macht möglichst viele Videos. Diese kann man sich auch mit etwas „Abstand“ zuhause nochmals kritisch anschauen und Dritte befragen. Oft ist man überwältigt von den Eindrücken und den Gefühlen und nicht objektiv.
Beauftragt auch stets immer euren Tierarzt des Vertrauens und je nach Kaufpreis ist es stets ratsam zumindest noch mindestens einen weiteren Tierarzt hinzuzuziehen. Hier beginnen auch bereits rechtliche Aspekte, weshalb es auch stets Sinn macht, hier bereits einen spezialisierten Rechtsanwalt hinzuzuziehen.
Je nach dem, ob das Pferd bspw. auch gesundheitliche Beeinträchtigungen aufweist, kann hier das Risiko mit einem Tierarzt besser abgeschätzt und mit dem Juristen ggf. eine vertragliche Lösung erarbeitet werden.
Welche Gesetzesgrundlagen (Kaufrecht) gelten beim Pferdekauf?
Bis Ende 2001 gab es für den Viehkauf im BGB Sondervorschriften, welche es nun nicht mehr gibt. In der Kaiserlichen Verordnung waren die Hauptmängel aufgelistet und lauteten wie folgt: Rotz, Dummkoller, Dämpfigkeit, Kehlkopfpfeifen, periodische Augenentzündung und Koppen. Die Haftung des Verkäufers wurde durch sehr kurze Fristen begrenzt. Die Gewährfrist griff nur ein, wenn sich der Hauptmangel innerhalb von zwei Wochen nach Übergabe zeigte.
Auf Grund von europarechtlichen Vorschriften waren Änderungen zwingend erforderlich, die nach wie vor im Umbruch sind. Mit dem Schuldrechtsmodernisierungsgesetz, wurde das BGB umfassend zum 01.01.2002 geändert. Diese Änderungen waren vor allem für den Pferdekauf gravierend. Der lebende Organismus wird als Sache behandelt und der Verbraucherschutz in den Vordergrund gestellt.
Neues, verändertes Kaufrecht seit 01.01.2022: Seit Januar 2022 wurden weitere Änderungen umgesetzt, welche europarechtlichen Vorgaben dienen. Es ist gestattet, das Recht über den Kauf von Tieren umzugestalten. Jedoch hat unser nationaler Gesetzgeber hiervon leider keinen Gebrauch gemacht.
Rechtlich wichtig ist, was wurde verkauft und konkret vereinbart und was darf der Käufer erwarten.
Man unterscheidet zwischen der vereinbarten Beschaffenheit einer Kaufsache (subjektive Anforderungen) und der gewöhnlichen Verwendung (objektive Anforderungen). Das Stufenverhältnis zwischen subjektiven und objektiven Anforderungen gibt es im neuen Kaufrecht seit dem 01.01.2022 nicht mehr. Jetzt müssen alle Anforderungen kumulativ – sprich parallel nebeneinander – vorliegen. Das bedeutet insbesondere, dass auch bei einer Vereinbarung über die Beschaffenheit, die Kaufsache sich auch immer nach der gewöhnlichen Verwendung eignen und eine Beschaffenheit aufweisen muss, die bei Sachen derselben Art und Güte üblich ist und die der Käufer erwarten kann.
Neben der Art der Sache bestimmt sich die Erwartung des Käufers auch nach den Äußerungen in der Werbung. Das wirkt sich vor allem dann aus, wenn keine neuwertige Ware an Verbraucher verkauft wird. Und hier kommt der normale Pferdekauf eben zum Tragen. Meist wird eine gebrauchte „Sache“ erworben und diese auch oft vom Händler oder Züchter. Was wurde angepriesen, was versprochen und wie wurde dies sodann vertraglich definiert.
Auf eine Verjährungsfristverkürzung & negative Beschaffenheitsvereinbarungen muss zwingend vorab und ausdrücklich beim Verbrauchsgüterkauf hingewiesen werden! Hier passieren bereist sehr viele gravierende Fehler. Entweder wird es gar nicht vertraglich festgehalten oder oft schlichtweg falsch.
Es kommt leider vor, dass unerfahrene Käufer auch lahme Pferde erwerben. Umso mehr der Käufer dokumentiert hat, umso mehr kann der Tierarzt bei seiner Beurteilung heranziehen.
Dreh und Angelpunkt ist der Zustand bei Gefahrübergang.
Der Käufer möchte möglichst sicher sein, was er für ein Pferd mit welchen gesundheitlichen Anlagen und Defiziten er erwirbt, um das Risiko besser abschätzen zu können und der Verkäufer möchte für sich dokumentieren und sichern, mit welchem Zustand er das Pferd aus seiner Sphäre gegeben hat, um eben seine Haftung eingrenzen zu können.
Was versteht man unter der Ankauf- bzw. Kaufuntersuchung?
Die Ankauf- bzw. Kaufuntersuchung bildet daher grds. für beide Vertragsparteien eine wichtige Entscheidungsgrundlage und Absicherung. Klar ist ein Pferd keine „Sache“ wie bspw. ein Auto, jedoch sind eben die Vorschriften von Sachen und die Rechtsprechung hierauf anwendbar, weshalb man sich hier an gewisse Spielregeln zu halten hat.
Natürlich kann man mit einer Kaufuntersuchung nicht den kompletten Körper in jede Spitze unter die Lupe nehmen, aber man kann sich zumindest einen hervorragenden Überblick verschaffen, um das Risiko zumindest einzudämmen. Sicherlich sind sich alle Pferdemenschen bewusst, dass täglich etwas mit dem Fluchttier Pferd passieren kann, egal ob unglückliche Unfälle oder eine lebensgefährliche Kolik, manchmal ist es einfach Pech und allgemeines Lebensrisiko.
Defizite finden sich auch stets in den Untersuchungsprotokollen. Die Dokumentation, können Käufer oft entweder gar nicht nachvollziehen bzw. verstehen, zudem kommt es auch vor, dass diese das Protokoll entweder zu spät (nach Vertragsunterzeichnung) oder gar nicht erhalten.
Stellt der Veterinär bei seiner Untersuchung fest, es könnte noch etwas anderes vorliegen, er hat eine Vermutung aber mit dem bisherigen Auftrag des Kunden lässt sich dies nicht näher abbilden, feststellen oder ausschließen, so muss der Tierarzt hierauf hinweisen.
Der Käufer muss in die Lage versetzt werden sich ein umfassendes Bild machen zu können. Die Kaufuntersuchung dient lediglich der bloßen Erhebung tiermedizinischer Befunde zum und im Zeitpunkt der Untersuchung, soweit dies eben überhaupt möglich ist. Sie stellt eine bloße Momentaufnahme dar und ist keine umfassende und eben tiefgreifendere Untersuchung. Aussagen zur konkreten Leistungsfähigkeit sind ausdrücklich nicht möglich.
ACHTUNG: Das Tier kann zum Untersuchungszeitpunkt (der Momentaufnahme) anders erscheinen, als es tatsächlich beschaffen ist (Aufregung/fremde Umgebung/andere Einflüsse). Hierbei ist besonders auf eine symptomfreie chronisch-obstruktive Bronchitis und ein lahmfreies Intervall hinzuweisen. Ein Equines Asthma kann vorgelegen haben, auch wenn das Abhören ohne Auffälligkeiten war.
Es gibt auch kein allgemeines losgelöstes Rücktritts- oder Widerrufsrecht – das ist ein Mythos. Ebenfalls, dass bei einem Privatverkauf automatisch die Gewährleistung ausgeschlossen ist.
Jasmin Lisa Himmelsbach, Rechtsanwältin
Meine Website: http://rae-himmelsbach.de/
Meine E-Mail: jlh@rae-himmelsbach.de
Mein Instagram-Account: pferderecht_mietrecht
Bildnachweis:
© AdobeStock – Kzenon
Ich möchte ein Pferd kaufen. Durch den Beitrag weiß ich, dass die Ankaufsuntersuchung vom Tierarzt durchgeführt wird. Mal sehen, ob ich einen Tierarzt für Pferde schnell finde.
Ja lassen Sie sich durch Fachpersonen betreuen! Das ist ein guter Ansatzpunkt.