Welche rechtlichen Schritte kannst du ergreifen, wenn du feststellst, dass das von dir gekaufte Pferd einen verdeckten Mangel aufweist? Diese und weitere Fragen klären wir im folgenden Ratgeber.
Inhaltsverzeichnis
Wie kannst Du versteckte Mängel nach dem Pferdekauf erkennen?
Zunächst einmal sollten Pferdekäufer stets sensibel „achtsam“, aber nicht übermäßig panisch auf Besonderheiten nach dem Kauf achten. Hierbei eignet sich ein kritischer Blick und eine regelmäßige Dokumentation z.B. per Video und Bildmaterial.
Wichtige zeitliche Aspekte, vor allem beim Verbrauchsgüterkauf, sind der Zeitraum ab Gefahrübergang (Übergabe) bis 6 Monate und 6 Monate bis 2 Jahre für die Gewährleistungsrechte.
Tipp: Es ist daher ratsam, in den ersten 6 Monaten eben kritischer zu sein, und sollte ein Tierarzt hinzugezogen werden, diesem mitzuteilen, dass Du das Pferd noch nicht so lange hast.
➔ Für die Kaufvertragsparteien kommt es immer darauf an, ob der Mangel schon vorlag und ob ein Rückdatieren überhaupt möglich ist.
Wer muss was beweisen?
Dies klärt sodann der Jurist und auch, ob ein Mangel im rechtlichen Sinne überhaupt vorliegt. Denn nicht jede Veränderung oder Beeinträchtigung stellt auch einen Mangel im rechtlichen Sinne dar, welcher zum Rücktritt berechtigen würde. Hierzu bedarf es erst einer juristischen Prüfung.
Liegt die Vermutung nahe, dass ein Mangel vorliegen könnte, ist höchste Vorsicht geboten, denn es gilt, Beweise zu sichern, und der Tierarzt sollte seinen Kunden bestmöglich unterstützen.
In diesem Stadium lohnt sich auch bereits eine anwaltliche Erstberatung, um eben keine Fehler zu machen. Viele Kunden handeln hier sehr leichtsinnig und emotional, machen Fehler, anstatt einmal innezuhalten und erst alle Optionen zu überprüfen.
Der Käufer muss nicht die Ursache darlegen, sondern stets die Mangelerscheinung. Um sein Risiko jedoch besser einschätzen zu können, ist eine Diagnose dennoch wichtig.
Nehmen wir ein Beispiel: Das Pferd lahmt, aber wir wissen nicht warum. Die Diagnose ist derzeit noch nicht klar, zudem weiß man nicht, handelt es sich um etwas Akutes/Frisches, um einen behebbaren oder gar um einen unbehebbaren Mangel.
Die konkrete Diagnosestellung ist daher wichtig auch um eine weitere Vorgehensweise planen zu können. Gerade bei einer Lahmheit sollte die Ursache eingegrenzt werden und vor allem abgegrenzt werden, ob es stets eine akute Lahmheit darstellt.
ACHTUNG: Eine Behandlung sollte aber zunächst nicht erfolgen, außer im Notfall, wenn diese aus Tierschutzgründen zwingend erforderlich ist und ein schnelles Handeln erfolgen sollte. Hier ist nämlich zu beachten, dass euch als Käufer wichtige Ansprüche auch verloren gehen können, wenn der Tierarzt zu vorschnell handelt. Untersuchung JA, Behandlung NEIN (zumindest im Regelfall).
Das Stichwort heißt: Selbstvornahme durch den Käufer
In rechtlicher Sicht ist ab dem Zeitpunkt, in dem der Käufer den Mangel selbst durch „Nachbesserung“ (Behandlung) beseitigt hat, die Nacherfüllung für den Verkäufer nämlich womöglich unmöglich geworden.
Trotz einiger Kritik ist es dabei bisher geblieben und der Käufer kann sodann seine Sachmängelrechte und Ansprüche verlieren, wenn er den Mangel ohne vorherige Information an den Verkäufer selbst beseitigt, sofern eben nicht eine Notfallsituation vorliegen sollte. Sprich, handelt der Tierarzt auf Grund eines Notfalls und behandelt, verliert der Käufer keine Rechte. Kann eine Behandlung jedoch etwas warten, verliert der Käufer seine Rechte, wenn der Tierarzt zu forsch vorgeht und der Käufer sich nicht mit dem Verkäufer abstimmt.
Das OLG Frankfurt am Main stellt klar: Der Käufer unterläuft die Möglichkeit des Verkäufers zur Nacherfüllung, wenn er nicht unverzüglich über festgestellte Beschwerden des gekauften Reitpferdes informierte und zur Nacherfüllung auffordert, sondern das Tier seinerseits zunächst durch einen Tierarzt behandeln lässt.
Unverzüglich über festgestellte Beschwerden informieren
Der Käufer sollte daher stets den Verkäufer unverzüglich über seine festgestellten Beschwerden informieren und zuvor bestenfalls einen Juristen um Prüfung des Sachverhaltes und Ratschlag bitten. Der Verkäufer hat nämlich sodann das Recht, die Mangelbehauptung zu überprüfen und eben möglicherweise die Nacherfüllung anzugehen, sofern es sich um einen behebbaren Mangel handeln sollte.
Um im Ergebnis überhaupt in die Nähe der geltenden Gewährleistungsrechte zu gelangen, muss ein Mangel bei Gefahrübergang vorgelegen haben. Dieser Grundsatz gilt auch beim Kauf unter Privatleuten, sofern die Gewährleistungsrechte nicht wirksam ausgeschlossen wurden.
Wenn ein Mangel im kaufrechtlichen Sinne bejaht wurde, obliegen dem Käufer in der Regel daher Gewährleistungsrechte. (Achtung: Nicht zu verwechseln mit einer Garantie)
Der Käufer hat nach seiner Wahl das Recht, die Nacherfüllung zu verlangen. Nacherfüllung bedeutet, die Beseitigung des Mangels (Nachbesserung) oder die Lieferung einer (anderen) mangelfreien Sache (Nachlieferung).
Die Mangelbeseitigung beim Pferdekauf kann z. B. durch Behandlung eines kranken Pferdes, Operation oder mit einer entsprechenden Kostenübernahme der entstandenen Tierarztkosten erfolgen.
Rücktritt vom Kaufvertrag/Minderung des Kaufpreises:
Erst wenn die oben genannten Gewährleistungsrechte (Nacherfüllungsverlangen) fehlgeschlagen sind (z. B. das Pferd kann nicht geheilt oder es liegt per se ein nicht behebbarer Mangel vor), die Behandlung ist fehlgeschlagen, für den Käufer ist ein „Umtausch des Pferdes“ unzumutbar, oder der Verkäufer hat die Nacherfüllung ausdrücklich verweigert, kann er gem. § 440 BGB vom Pferdekaufvertrag zurücktreten oder gemäß § 441 BGB die Minderung des Kaufpreises verlangen.
Anstatt oder neben dem Rücktritt vom Kauf kann der Käufer Schadenersatz nach Maßgabe der §§ 275 ff BGB verlangen, und man sollte auch an ein Anfechtungsrecht denken, sollte man arglistig getäuscht worden sein. Schadenersatz ist allerdings nur zu leisten, wenn der Schuldner – Verkäufer – die Pflichtverletzung zu vertreten hat (Verschulden).
Alternativ zum Schadensersatz kann Ersatz vergeblicher Aufwendungen gefordert werden (Fütterungskosten, Tierarztkosten, Unterstellkosten, Hufschmied, Versicherung,…).
Jasmin Lisa Himmelsbach, Rechtsanwältin
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