Man sagt, Augen seien der Spiegel zur Seele. In der Tierwelt könnte man behaupten, dies sei zweifellos zutreffend. Insbesondere für unsere Pferde, jene noblen Geschöpfe, die stets bemüht sind, zu gefallen. Sie kommunizieren auf uns oft verborgenen Wegen. Aber wie können wir, ihre fürsorglichen Begleiter, ihre stillen Hilferufe erkennen? In diesem Ratgeber erklären wir dir, wie du die subtilen Zeichen von Schmerzen bei deinem Pferd erkennst und richtig interpretierst.
Inhaltsverzeichnis
Was sind die typischen Anzeichen eines Schmerzgesichts bei Pferden?
Um die leisen Zeichen der Schmerzen bei einem Pferd zu erkennen, ist es wichtig, ein genaues Verständnis von seiner Mimik zu haben. Dies wird oft durch die sogenannte „Grimace Scale“ oder „Schmerzgesichtsskala“ bestimmt, ein Instrument, das entwickelt wurde, um objektiv und zuverlässig Schmerzen bei Tieren, einschließlich Pferden, zu bewerten. Bei dieser Skala werden verschiedene Gesichtsausdrücke und -merkmale beurteilt, um potenzielle Anzeichen von Schmerzen zu identifizieren. Hier sind einige der typischen Anzeichen eines Schmerzgesichts bei Pferden, basierend auf der Grimace Scale:
- Augen: Ein Pferd, das Schmerzen hat, kneift oft die Augen zusammen. Es kann so aussehen, als ob das Pferd blinzelt oder die Augen halb geschlossen hält. Zusätzlich können die oberen oder unteren Augenlider angespannt erscheinen, was zu einem eckigeren oder härteren Aussehen der Augenpartie führt
- Ohren: Die Stellung und Bewegung der Ohren kann ebenfalls ein Zeichen für Schmerz sein. Schmerzgeplagte Pferde legen ihre Ohren oft flach an den Kopf an, manchmal sind sie sogar nach hinten gerichtet. Auch eine abnormale Bewegungslosigkeit der Ohren kann ein Hinweis auf Schmerzen sein
- Maul und Kiefer: Schmerzen zeigen sich auch in der Maul- und Kieferpartie. Ein schmerzgeplagtes Pferd spannt seinen Kiefer an, was sich in einem härteren Aussehen des Mauls äußert. Manche Pferde ziehen die Lefzen hoch oder pressen die Lippen aufeinander. Ebenso ist häufiges Kauen ohne Futteraufnahme ein Alarmzeichen
- Nüstern: Die Form und Spannung der Nüstern kann ebenfalls auf Schmerzen hindeuten. Anspannung der Nüstern, die zu einer ausgeprägteren, schärferen Form führt, ist ein mögliches Anzeichen für Schmerzen. Bei manchen Pferden kann man auch ein Flattern oder Zittern der Nüstern beobachten
- Kopfhaltung: Nicht zuletzt ist auch die Kopfhaltung ein Indikator für Schmerzen. Pferde, die Schmerzen haben, halten ihren Kopf oft niedriger als gewöhnlich, es kommt nicht selten zu einer gewissen Starrheit in der Hals- und Kopfbewegung
Schmerzgesicht beim Pferd grafische Darstellung
Zeichen der Not: Wie Schmerzen das Verhalten, die Unruhe, Atmung und Bewegung Deines Pferdes beeinflussen
Die verborgene Sprache des Schmerzes in Pferden zeigt sich in diversen Verhaltensweisen und physischen Äußerungen. Eine veränderte Verhaltensweise ist oft ein eindeutiges Signal für Schmerzen. Ein bisher ausgeglichenes und sozial orientiertes Pferd wirkt plötzlich ängstlich, gereizt oder aggressiv. Der Rückzug aus sozialen Interaktionen, verminderte Nahrungsaufnahme oder ein erhöhtes Schlafbedürfnis sind ebenfalls Symptome von Unbehagen.
Körperliche Unruhe unterstreicht diese Zeichen. Verhaltensweisen wie häufiges Auf- und Ablegen, Kauen ohne Futter im Maul, Kopfschütteln und vermehrtes Schwitzen sind deutliche Anzeichen für Schmerzen. Diese Signale, obwohl sie auch andere Ursachen haben können, sind in Kombination mit anderen Anzeichen alarmierend.
Die Atmung liefert weitere wichtige Hinweise auf den Gesundheitszustand eines Pferdes. Ein beschleunigter oder unregelmäßiger Atemrhythmus, oft gepaart mit einem allgemein angestrengten Ausdruck, weist auf innere Schmerzen hin. Veränderungen in der Atmung sollten nicht übersehen werden: Eine flache Atmung ist oft ein Zeichen von Angst, während eine tiefe, schnelle Atmung Schmerzen signalisiert.
Schließlich signalisieren auch Bewegungsänderungen Schmerzen. Ein Pferd, das in seinem Gang unsicher oder steif ist, leidet möglicherweise. Das Vermeiden bestimmter Bewegungen oder Schwierigkeiten beim Aufstehen oder Liegen kann auf Muskel-, Gelenk- oder innere Schmerzen hindeuten.
Diese subtilen Zeichen der Schmerzen bei Deinem Pferd zu erkennen, erfordert genaue Beobachtung und Verständnis für das individuelle Verhalten und die Routinen Deines Tieres. Es handelt sich um eine wichtige, stille Kommunikation zwischen Dir und Deinem Pferd, die zum Wohlbefinden und zur Gesundheit Deines vierbeinigen Freundes beiträgt. Manchmal sind diese Zeichen offensichtlich, manchmal bedürfen sie einer gründlichen, kontinuierlichen Beobachtung. Auch bei geringsten Anzeichen von Schmerzen ist es empfehlenswert, einen Tierarzt zurate zu ziehen. Nur so kannst Du sicherstellen, dass Dein Pferd die richtige Pflege und Behandlung erhält, um wieder zu voller Gesundheit und Vitalität zurückzukehren.
Wie kann ich als Halter richtig reagieren?
Bemerkst Du eine oder mehrere dieser Veränderungen bei Deinem Pferd, solltest Du unbedingt einen Tierarzt zurate ziehen. Versuche nicht, selbst eine Diagnose zu stellen oder gar eine Behandlung einzuleiten. Deine Rolle besteht darin, aufmerksam zu sein und Dein Pferd gut zu beobachten, damit Du Anzeichen von Schmerzen schnell erkennst und entsprechend handeln kannst.
Es ist von zentraler Bedeutung, als Pferdehalter sensibel auf mögliche Anzeichen von Schmerzen bei Deinem Pferd zu reagieren. Hier sind einige hilfreiche Schritte, die Du beachten solltest:
- Beobachten: Achte sorgfältig auf die Signale, die Dein Pferd sendet. Veränderungen im Gesichtsausdruck, Verhalten, Bewegungsmuster und Atmung können Hinweise auf Schmerzen sein
- Notiere Veränderungen: Führe ein Tagebuch über das Verhalten und die Aktivitäten Deines Pferdes. Ein plötzlicher oder allmählicher Wandel in der Routine kann ein Zeichen für Unbehagen sein
- Nicht selbst behandeln: Versuche nicht, die Schmerzen Deines Pferdes selbst zu diagnostizieren oder zu behandeln. Ein Fachmann sollte immer hinzugezogen werden
- Kontaktiere den Tierarzt: Wenn Du Anzeichen von Schmerzen bemerkst, zögere nicht, einen Tierarzt zu kontaktieren. Es ist besser, vorsichtig zu sein, als das Leiden Deines Pferdes zu übersehen
- Begleite die Behandlung: Arbeitet nach der Diagnose eng mit dem Tierarzt zusammen, um sicherzustellen, dass Dein Pferd die bestmögliche Behandlung erhält
- Biete Unterstützung: Gib Deinem Pferd während dieser schwierigen Zeit viel Liebe und Unterstützung. Ein ruhiger und liebevoller Umgang kann dem Heilungsprozess Deines Pferdes erheblich helfen
Denk immer daran, dass Deine Aufmerksamkeit und Sorge eine entscheidende Rolle spielen können, um das Leid Deines Pferdes zu lindern. Dein vierbeiniger Freund verlässt sich auf Dich, also bleib wachsam und einfühlsam.
Fazit: Schmerzerkennung ist eine Kunst
Das Erkennen von Schmerzen bei Pferden ist eine Kunst, die aufmerksame Beobachtung und tiefe Kenntnisse des individuellen Verhaltens Deines Pferdes erfordert. Lerne, die leisen Signale zu deuten, und vertraue Deiner Intuition. Denn auch wenn Pferde ihre Schmerzen oft verbergen, hinterlassen sie doch immer Spuren für diejenigen, die bereit sind, sie zu sehen. Verinnerliche diese Hinweise, und Du wirst ein wachsames Auge für das Wohlgefühl Deines Pferdes entwickeln.
Quellen:
uelzener.de/magazin/pferd/tiergesundheit/schmerzen-beim-pferd/
cavallo.de/reitsportszene/horse-grimace-scale-hgs-neue-methode-fuer-schmerzmessung-beim-pferd/
equidemia.com/de/2020/01/subtile-schmerzzeichen-des-pferdes-das-schmerzgesicht/
propferd.at/main.asp?VID=1&kat1=87&kat2=644&NID=7766&DDate=13042015
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