Die Zähne eines Pferdes sind nicht nur für die Futteraufnahme entscheidend, sondern auch ein Spiegel seiner Gesundheit und seines Wohlbefindens. Als Reiterin oder Reiter ist es unerlässlich, grundlegendes Wissen über die Zahnstruktur und -pflege dieser majestätischen Tiere zu besitzen. In diesem Ratgeber widmen wir uns eingehend diesem Thema und beleuchten, wie viele Zähne ein Pferd hat, warum diese Kenntnis so wichtig ist und wie man die Zahngesundheit des Pferdes optimal erhält.
Wie die Zähne eines Menschen können auch Pferdezähne von Karies befallen sein und diverse andere Krankheiten aufweisen. Zahnstein kann sich ebenso ausbreiten und den allgemeinen Zustand des Gebisses verschlechtern. Zudem sollten Besitzer wissen, dass junge Pferde in den ersten fünf Jahren 24 Zähne wechseln und dies zu Problemen führen kann. Damit der Kauapparat ein Leben lang gesund bleibt, kommt es auf die richtige Pflege an. Durch eine geeignete Fütterung lässt sich der natürliche Abrieb unterstützen und eine sanfte Zahnreinigung betreiben.
Inhaltsverzeichnis
Wie viele Zähne hat ein Pferd?
Das Pferdegebiss eines ausgewachsenen Tieres besteht aus 36 bis 44 Zähnen. Ganz vorn im Maul liegen 12 Schneidezähne, direkt dahinter befinden sich sogenannte Hengstzähne. Diese Eck- oder Hakenzähne kommen nicht bei allen männlichen Pferden vor und können auch im Maul von Stuten vorliegen. Zudem kann es auch bis zu vier Wolfszähne geben. Diese erscheinen als rudimentärer kleiner Stiftzahn und sind ein Überbleibsel der Evolution. Wolfszähne sind für den Kauvorgang nicht vonnöten, deshalb werden sie vor dem Anreiten häufig gezogen, um möglichen Schmerzen entgegenzuwirken. Weiter hinter im Maul sind 24 Backenzähne zu finden. Diese Mahlzähne unterteilen sich in die 12 vorderen Prämolaren und die 12 hinteren Molaren. In die zahnfreie Lücke zwischen Schneidezähnen und Backenzähnen, auch Lade genannt, wird das Trensengebiss gelegt.
Pferdegebiss Aufbau – Grafik
WICHTIG:
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Welche Funktionen erfüllen die verschiedenen Zähne bei Pferden?
In der Welt der Pferde erfüllt jedes Zahnsegment eine spezifische und essentielle Funktion, die das Überleben und Wohlergehen dieser majestätischen Tiere sichert. Beginnen wir mit den Schneidezähnen, die sich an der Front des Mauls befinden. Ihre primäre Aufgabe ist es, Gras und andere Futterquellen abzubeißen. Sie agieren als erste Instanz im Fressprozess, präzise und effizient.
Die Eckzähne, meist bei Hengsten und Wallachen zu finden, sind ein Relikt vergangener Zeiten, als Pferde in der Wildnis lebten. Ursprünglich für Kämpfe und Verteidigung gedacht, haben sie heute in der domestizierten Welt ihre Funktion weitestgehend verloren. Dennoch bleiben sie ein faszinierender Teil der Zahnstruktur.
Den Kern der Zahnfunktionen bilden die Backenzähne. Diese robusten und flachen Zähne sind für das Mahlen des Futters zuständig, eine lebenswichtige Aufgabe. Sie zerreiben das Gras und andere Nahrung, bereiten es für die Verdauung vor und sichern so die Nährstoffaufnahme des Pferdes. Diese Arbeit der Backenzähne ist unerlässlich für die Gesundheit des Pferdes, denn eine effektive Verdauung hängt unmittelbar von ihrer Funktion ab.
Wann und wie erfolgt der Zahnwechsel bei Pferden?
Wenn ein Fohlen zur Welt kommt, ist es mit Schneidezähnen und einigen Prämolaren ausgestattet. Diese Zähne sind als Milchzähne angelegt, von denen in den ersten Monaten noch einige dazukommen. Nach dem ersten Lebensjahr ist das Milchgebiss mit 24 Zähnen voll ausgebildet. Ist das Tier etwa 2,5 Jahre alt, brechen die bleibenden Schneidezähne durch und ersetzen die Milchzähne. Auch die Prämolaren werden ab diesem Zeitpunkt durch dauerhafte Mahlzähne ausgetauscht. Der vordere Molar bildet sich bereits nach dem sechsten Lebensmonat, während die beiden hinteren Molaren sich bis zum fünften Lebensjahr zeigen. Der Zahnwechsel kann für ein Pferd schmerzhaft sein und Probleme mit sich bringen.
Gelegentlich verbleiben die Milchzähne wie kleine Kappen auf den herauswachsenden Nachfolgezähnen und beeinträchtigen das Kauen des Pferdes. Sie lassen sich mit einer Zahnzange entfernen, dabei darf der darunterliegende Zahn jedoch nicht beschädigt werden. Milchkappen können auch brechen und das Herausschieben der neuen Zähne behindern. Es ist sinnvoll, das Gebiss des Tieres bereits im Fohlenalter regelmäßig zu überprüfen, um Schädigungen und Fehlstellungen zu erkennen und behandeln zu lassen. Entstehen während des Zahnwechsels harte Verdickungen am Unterkieferrand, ist das kein Grund zur Sorge, solange diese nicht zu stark ausgeprägt sind und den Kauvorgang nicht beeinflussen.
Wie lassen sich Pferdezähne pflegen?
Probleme mit den Zähnen entstehen meist durch zu wenigen Abrieb. Pferdezähne sind lang und werden mit der Zeit aus dem Kieferknochen nachgeschoben. Da ist von Natur aus vorgesehen, da die Tiere in freier Wildbahn bis zu 16 Stunden und mehr mit der Nahrungsaufnahme verbringen und durch das ständige Grasen jährlich ein Abrieb zwischen zwei und vier Millimetern erfolgt. Die heutigen domestizierten Pferde verbringen deutlich weniger Zeit mit dem Fressen, wodurch der Abrieb mangelhaft sein kann. Auch weiches Gras bewirkt eine zu geringe Abnutzung. Es können sich scharfe Kanten bilden, die sich ins Zahnfleisch drücken und Entzündungen verursachen. Werden die Schneidezähne zu lang, passen sie nicht mehr optimal aufeinander und stören die Nahrungsaufnahme.
Eine geeignete Pflege von Pferdezähnen lässt sich über das Füttern betreiben. Raufutter und härtere silikatreiche Gräser sorgen für einen idealen Abrieb. Es sollte zu stängligem Heu gegriffen werden, welches nur wenig Blattanteil aufweist. Täglich 1,5 Kilogramm Heu pro 100 Kilo Körpergewicht gilt als passende Menge. Kraftfutter, das Luzerne enthält, fördert den natürlichen Zahnabrieb sowie die Speichelbildung. Von zuckerhaltigen Futtermitteln ist abzuraten, da diese Karies verursachen können und keine vernünftige Nahrung darstellen. Wie in der Wildbahn sollten Pferde vom Boden fressen. Das hat den Vorteil, dass das ursprüngliche Fressverhalten nachempfunden wird und sich durch die Position der Unterkiefer nach vorn schiebt und einen gleichmäßigen Zahnabrieb herbeiführt. Pferden sollten auch Zweige und Äste zum Knabbern angeboten werden. Durch die festen Strukturen lassen sich die Zähne reinigen und zusätzlich abnutzen.
MERKE:
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Weitere hilfreiche Tipps zur Pflege der Pferdezähne
- Regelmäßige Zahnkontrollen: Mindestens einmal jährlich sollte ein Tierarzt oder spezialisierter Pferdezahnarzt die Zähne des Pferdes kontrollieren
- Achten auf Anzeichen von Zahnproblemen: Zu den Warnsignalen zählen Gewichtsverlust, Schwierigkeiten beim Kauen und Veränderungen im Verhalten
- Richtige Fütterung: Eine ausgewogene Ernährung mit Heu und Gras unterstützt die natürliche Abnutzung der Zähne
- Vorsicht bei Leckerlis: Harte Leckerlis können die Zähne beschädigen, deshalb sollte man sie in Maßen füttern
- Stressvermeidung: Stress kann zu Zahnproblemen führen, daher ist eine ruhige und stabile Umgebung wichtig
Welche Zahnkrankheiten bei Pferden gibt es?
Zahnhaken
Dies sind scharfe Kanten, die sich an den hinteren Backenzähnen bilden können. Sie entstehen durch ungleichmäßiges Abnutzen der Zähne und können zu Verletzungen im Maul führen. Vor allem die Vorderseite der Backenzähne im Oberkiefer und die Rückseite der Backenzähne im Unterkiefer sind davon betroffen. Durch regelmäßiges Raspeln lassen sich die Kanten entfernen, bevor sie sich zu Haken ausbilden können.
Im folgenden Video erzählt unsere Mitarbeiterin Ulli etwas zu Zahnhaken bei ihrem Pony:
Wellengebiss
Ein Wellengebiss bezeichnet eine Störung der Zahnkontakte des Ober- und Unterkiefers und tritt auf, wenn die Zähne ungleichmäßig abgenutzt werden. Es bildet sich eine wellenförmige Oberfläche, die zu Problemen beim Kauen und zur unzureichenden Zerkleinerung des Futters führt.
Lockerung der Zähne und Zahnabzess
Durch Zahninfektionen und -verletzungen können sich die Zähne im Maul eines Pferdes lockern und für Schwierigkeiten bei der Futteraufnahme sorgen. Ein Zahnabszess ist eine Ansammlung von Eiter, die sich um den Zahn bildet. Er kann durch Zahninfektionen verursacht werden und zu Schmerzen und Schwellungen im Maul führen.
Zahnstein
Zahnstein ist eine Ablagerung von Mineralien auf den Zähnen. Wenn er nicht entfernt wird, kann dieser zu Zahnfleischentzündungen und Zahnverlust führen. Durch das Kauen von langfaserigem Raufutter lässt sich der Zahnsteinbildung entgegenwirken.
EOTRH (Equine Odontoclastic Tooth Resorption and Hypercementosis)
EOTRH ist eine nicht heilbare, fortschreitende Erkrankung der Zähne älterer Pferde. Dabei kommt es zu einem abnormalen Abbau der Zahnsubstanz, einer Rückbildung des Zahnfleisches und einer übermäßigen Bildung von Zement an den Wurzeln der Zähne. Die Erkrankung wird häufig erst im späteren Stadium erkannt, da der entzündliche Prozess zum großen Teil unter dem Zahnfleisch stattfindet. Anzeichen für EOTRH können Eiterbläschen, kleine rote Punkte und ein wulstig erscheinendes Zahnfleisch sein.
Paradontose
Paradontose kann auch bei Pferden auftreten und stellt eine bakterielle Infektion des Zahnhalteapparats dar. Ursache dafür sind meist nicht entfernte Futterreste in den Zahnzwischenräumen. Durch geeignetes Raufutter, das für eine natürliche Reinigung sorgt und der medizinischen Vergrößerung von Zahnlücken lässt sich der Erkrankung entgegenwirken.
Karies
Pferde können kariöse Zähne aufweisen. Insbesondere zuckerhaltiges Futter führt zu dieser Zahnerkrankung, da dies zu einer verstärkten Säurebildung im Maul führt. In der Regel sind die Backenzähne davon betroffen. Pferde zeigen die Beeinträchtigung erst an, wenn bereits das Dentin in der Nähe des Zahnmarks angegriffen ist.
Weitere häufig gestellte Fragen zu Pferdezähnen
Wie lassen Zahnprobleme bei Pferden erkennen?
Zahnprobleme bei Pferden zeigen sich vor allem durch ein verändertes Kauverhalten. Frisst das Tier sehr langsam oder fällt das Futter bei der Nahrungsaufnahme aus dem Maul, kann dies ein Anzeichen für eine Zahnerkrankung sein. Auch Futterverweigerung, ein Gewichtsverlust und unverdautes Pflanzenmaterial im Kot deutet auf Probleme mit den Zähnen hin. Wer einen üblen Geruch aus dem Maul wahrnimmt, einen einseitigen eitrigen Ausfluss aus der Nase bemerkt oder Verletzungen und Schwellungen im Maul feststellt, sollte einen Dentalpraktiker für Pferde konsultieren. Nicht zuletzt machen sich Zahnprobleme bei Pferden durch die Verweigerung des Gebisses und ein Abwehrverhalten beim Reiten bemerkbar.
Wie oft zur Zahnkontrolle?
Damit sich ein ungünstiger Abrieb, Zahnerkrankungen und -fehlstellungen zeitnah feststellen lassen, sollten die Zähne und das Zahnfleisch regelmäßig durch einen Tierarzt kontrolliert werden. Aufgrund des Zahnwechsels und der damit einhergehenden Problematiken empfiehlt sich bis zum fünften Lebensjahr eine zweimalige Prüfung pro Jahr. Erwachsene Tiere sollten alle ein bis zwei Jahre zum Pferdezahnarzt, sofern es keine Anzeichen für Zahnerkrankungen gibt. Ab dem 15. Lebensjahr ist ein engmaschigerer Zeitraum für Zahnkontrollen ratsam, da ältere Tiere häufiger unter Zahnproblemen leiden.
Das Geheimnis hinter einem gesunden Pferdelächeln
Ja, worin liegt nun das Geheimnis hinter einem gesunden Pferdelächeln? Es liegt in der sorgfältigen Aufmerksamkeit und Pflege seiner Zähne. Als Pferdefreundin oder Pferdefreund trägst du entscheidend dazu bei, durch regelmäßige Kontrollen und ein tiefes Verständnis der Zahnfunktionen das Wohlergehen deines Pferdes zu sichern. Dieses Wissen ermöglicht es dir, Gesundheitsprobleme frühzeitig zu erkennen und zu behandeln, wodurch du die Lebensqualität und das Glück deines Pferdes maßgeblich beeinflusst.
Quellen:
enpevet.de/Lexicon/ShowArticle/41855/Zahnwechsel
st-georg.de/wissen/das-pferdegebiss-rund-um-zaehne-und-gebisse/
pdpn.de/pferdedentalpraxis/rund-ums-pferdemaul/https://www.st-georg.de/wissen/eotrh-wenn-die-zaehne-des-pferdes-schmerzen/
cavallo.de/medizin/was-tun-bei-karies-im-pferdemaul/
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