Immer nur auf dem Trainingsgelände reiten wird irgendwann langweilig. Schließlich bietet die Welt außerhalb der Stall- und Hofanlage noch viel mehr. Ein Ausritt beispielsweise auf Wald-, Wander- und Feldwegen, manchmal sogar ein Stück an der Straße entlang, bringt Abwechslung für Pferd und Reiter. Allerdings gibt es für Pferde im Straßenverkehr auch gewisse Vorschriften zu beachten – sowohl für Reiter und Pferd als auch für Autofahrer.
Inhaltsverzeichnis
Rechtliche Situation für Pferde im Straßenverkehr – geregelt in der StVO
Zunächst solltest du wissen, wie ein Pferd vor dem Gesetz im Straßenverkehr angesehen wird. Das ist wichtig, damit du weißt, wie du als Reiter im öffentlichen Verkehr mit deinem Pferd umgehen musst.
Als was gelten Pferde im Straßenverkehr?
Pferde gelten im Straßenverkehr als Fahrzeuge. Wer reitet oder Pferde führt „unterliegt sinngemäß den für den gesamten Fahrverkehr einheitlich bestehenden Verkehrsregeln und Anordnungen“ (§ 28 (2) Straßenverkehrs-Ordnung, StVO). Reiter sind also verpflichtet, sich an die Straßenverkehrsordnung zu halten. Für Reiter und Pferd gelten dementsprechend auch Verkehrszeichen, Ampeln und „rechts vor links“.
ACHTUNG: Geh- oder Fahrradwege sind genau wie Autobahnen und Kraftfahrstraßen grundsätzlich unzulässig!
Müssen Pferde nachts beleuchtet sein?
Reiter müssen sich mit ihren Pferden in der Dämmerung oder nachts an Beleuchtungsregeln halten. Um Unfälle zu vermeiden, müssen Pferde bei Dunkelheit gut sichtbar sein. Nach § 28 (2) StVO muss ein einzelner Reiter mindestens eine weiße, nicht blendende Lichtquelle mitführen. Sie muss auf der linken Seite nach vorne und hinten gut sichtbar sein.
Wenn du im Verband reitest, reicht es, wenn das vordere und das hintere Ende des Verbands gut beleuchtet sind: nach vorne durch nicht blendende Leuchten mit weißem Licht, nach hinten durch Leuchten mit rotem Licht oder gelbem Blinklicht (§ 27 (4) StVO).
Für Reiter wird außerdem das Tragen einer Warnweste oder anderer Reflexartikel empfohlen. Das ist aber keine Pflicht.
HINWEIS:
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Was sollte ein Reiter für die Teilnahme am Straßenverkehr vorweisen?
Reiter müssen körperlich und geistig in der Lage sein, ihr Pferd unter Kontrolle zu haben. Eine entsprechende Prüfung zu Erfahrung oder Geschicklichkeit ist gesetzlich jedoch nicht vorgesehen. Abzeichen vom VFD (Vereinigung der Freizeitreiter und -fahrer in Deutschland e. V.) oder FN (Deutsche Reiterliche Vereinigung e. V.) könnten hier als Nachweis dienen.
Für Kutschen empfiehlt die Deutsche Reiterliche Vereinigung den Kutschenführerschein. Es kommt vor allem auf Erfahrung an und wie gut Pferd und Kutscher miteinander klarkommen.
Da Pferde Fluchttiere sind und bei Angst eine panikartige Flucht nach vorne ergreifen, ist eine gute Kontrolle in jeder Situation wichtig, um Unfälle zu vermeiden. Im Ernstfall solltest du in der Lage sein, dein Pferd zu beruhigen.
Gilt für Pferde auch das Rechtsfahrgebot?
Pferde müssen wie Autos den rechten Streifen benutzen. Ist der Bereich rechts neben der durchgezogenen weißen Linie breit genug, musst du als Reiter diesen nutzen. Dies ist der Bereich rechts neben der Fahrbahnbegrenzung außerhalb der eigentlichen Fahrbahn. Gerade auf Landstraßen kann der Streifen aber nicht breit genug sein. Dann dürfen beziehungsweise müssen Reiter und Pferd die rechte Fahrspur verwenden.
Kutschen fahren generell auf der rechten Fahrspur. Eine Ausnahme gibt es, wenn du nach links abbiegen und dafür auf die Abbiegespur wechseln musst.
Dürfen alle Pferde am Straßenverkehr teilnehmen?
Besonders scheue, schreckhafte Pferde gehören nicht in den öffentlichen Straßenverkehr. Da es an der Straße immer wieder zu unvorhergesehenen Situationen und Geräuschen kommt, ist die Gefahr zu groß, dass das Pferd in Panik gerät und flüchten will. Dabei gefährdet es andere Verkehrsteilnehmer, sich selbst und dich als Reiter.
Auch diese Regeln sollten alle Reiter kennen
Reiten im öffentlichen Raum, also außerhalb der privaten Reitanlage, ist mit einigen Regeln verbunden. Mit diesen solltest du dich unbedingt vor einem Ausritt auseinandersetzen. Kommt es nämlich zu einem Unfall und du hast dich nicht an die geltenden Gesetze gehalten, kannst du mit Bußgeldern belegt werden.
BEACHTE:
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Darf man nebeneinander reiten?
Wenn du gemeinsam mit anderen ausreitest, müsst ihr euch im Straßenverkehr hintereinander fortbewegen. Das Reiten nebeneinander ist im Straßenverkehr verboten, sofern es sich dabei nicht um einen Sonderfall handelt. Ein Sonderfall ist das Reiten im geschlossenen Verband (§ 27 StVO).
Wieviel Reiter zu einem Verband gehören können, beschreibt der Paragraf nicht näher. Andere Verkehrsteilnehmer müssen den Verband jedoch als solchen deutlich erkennen können. Ansonsten gilt das Reiten nebeneinander als Verkehrsbehinderung.
Sollte man im Schritt reiten?
Überall dort, wo andere Verkehrsteilnehmer zu erwarten oder zu sehen sind, reitest du Schritt. Das gilt auch, wenn du in Kurven oder über Kuppen reitest, die du nicht einsehen kannst und wenn du von einem Fahrzeug überholt wirst. An der Straße gilt generell Schritt.
Auf welchen Wegen und Straßen darf man nicht reiten?
Reiten darfst du nicht auf Autobahnen oder Kraftfahrstraßen und ebenso nicht auf Fuß-, Rad- und Wanderwegen.
Unterliegen Pferde im Straßenverkehr der Kennzeichnungspflicht?
Ein klassisches Nummernschild benötigen Pferde nicht. Trotzdem gibt es manche Landkreise, die eine Kennzeichnungspflicht für Pferde eingeführt haben. So benötigst du in manchen Teilen von Nordrhein-Westfalen und Bayern eine Reitplakette, um am Straßenverkehr teilnehmen zu dürfen. Diese Reitplakette kannst du bei der jeweils zuständigen Behörde beantragen. Die Plakette muss gut sichtbar am Pferd angebracht werden, zum Beispiel am Zaumzeug oder Sattel.
Muss man Helme beim Ausritt aufsetzen?
Anders als für Roller- und Motorradfahrer gilt für Reiter im Straßenverkehr keine Helmpflicht. Trotzdem ist das Tragen eines Helmes dringend empfohlen, um schwere Kopfverletzungen bei einem Unfall zu vermeiden.
Darf man betrunken reiten?
Die für Kraftfahrzeugfahrer vorgeschriebene Promillegrenze gilt nicht beim Reiten. Das heißt, es ist erstmal nicht verboten, wenn du betrunken auf deinem Pferd reitest. Allerdings solltest du dazu körperlich und geistig in der Lage sein und dein Pferd jederzeit unter Kontrolle haben können.
Verhalten anderer Verkehrsteilnehmer gegenüber Reiter und Pferd
Wenn ein Autofahrer dir als Reiter auf einer Straße begegnet, muss er seine Geschwindigkeit anpassen und vorausschauend fahren. Er sollte einen Abstand von mehreren Metern zum Pferd halten. Möchte ein Autofahrer dich und dein Pferd überholen, hat er mindestens 1,5 Meter seitlichen Abstand einzuhalten – bei Kutschen mindestens zwei Meter.
Hupen sollten Autofahrer außer in absoluten Notfällen vermeiden, da das laute Geräusch das Pferd erschrecken und Panik auslösen kann. Außerdem sollten Autofahrer keine Fahrmanöver mit lautem Motor oder quietschenden Bremsen durchführen. Ist deutlich ersichtlich, dass der Reiter abbiegen möchte, ist das Überholen verboten. Abbiegen müssen Reiter und Kutscher andeuten, zum Beispiel mit Handzeichen. Manche Kutscher nutzen Winkerkellen oder elektrische Blinker.
Verkehrsschilder und Bußgelder für Reiter
Auch als Reiter kannst du mit Bußgeldern belegt werden, wenn du dich nicht an die gesetzlichen Vorschriften hältst. Bußgelder für Verstöße liegen derzeit bei 5 bis 25 Euro. Manche Bußgelder werden aber auch von der Gemeinde selbst festgelegt und können deutlich höher liegen. Du solltest dich also zunächst eingehend mit Regeln und Schildern befassen.
Welche Verkehrsschilder sind für Reiter (und ebenso für andere Verkehrsteilnehmer) wichtig?
- Verkehrszeichen 101-13 / -23 warnt andere Teilnehmer im Verkehr vor Pferden, die den Verkehrsweg kreuzen beziehungsweise benutzen können.
- Verkehrszeichen 238 kennzeichnet einen Reitweg und damit einen Verkehrsweg, der explizit für Reiter geschaffen ist. Ist dieses Schild vorhanden, darfst du nicht auf der Straßen reiten, sondern musst diesen Weg benutzen.
- Verkehrszeichen 257-51 verbietet ausdrücklich das Reiten auf dem gekennzeichneten Weg.
BEACHTE:
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HINWEIS:
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Eine Übersicht über die Bußgelder, die für Reiter gelten, findest du im Bußgeldkatalog. Die genannten Verkehrszeichen kannst du zum Beispiel beim ADAC nachschauen.
Fazit: Pferde im Straßenverkehr
Ein Ausritt gestaltet den Alltag von Reiter und Pferd abwechslungsreich. Statt immer auf dem gleichen Reitplatz unterwegs zu sein, macht es Spaß, sich in freier Natur zu bewegen. Doch mitunter musst du dafür öffentliche Straßen benutzen. Bevor du aufbrichst, solltest du dich unbedingt mit den gesetzlichen Vorschriften befassen. Sie helfen dabei, dass du und dein Pferd sicher seid. Außerdem vermeidest du bei Beachtung eventuelle Schwierigkeiten und Bußgelder.
Quellen:
adac.de/verkehr/verkehrssicherheit/tiere/pferde-strassenverkehr/
adac.de/verkehr/recht/verkehrszeichen/
bussgeldkatalog.net/pferde-im-strassenverkehr/
Bildnachweis:
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